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Blauer Himmel auf der Fototapete: Christian Strasser (li.) und Josef Ostermayer flankieren Rückkehrerin Karin Bergmann.

Foto: apa/schlager

Burgtheater-Direktoren seit 1971.

Grafik: DER STANDARD

Wien - In seinem letzten Jahr als Burgtheaterdirektor weilte Klaus Bachler kaum in Wien. Denn er hatte bereits mit Beginn der Saison 2008/09 die Bayerische Staatsoper in München übernommen. Seine Stellvertreterin schupfte daher den Laden allein. Und Karin Bergmann blieb noch eine Saison länger, also bis zum Sommer 2010: Sie wollte für einen reibungslosen Übergang sorgen.

In der ersten Saison von Matthias Hartmann gab es reichlich Konflikte. Die Vizedirektorin gestattete sich die Frage, ob man sich all die Vorhaben - der neue Direktor zündete ein kostspieliges "Feuerwerk" an Premieren - überhaupt leisten könne. Hartmann soll mit einem "Papperlapapp" alle Bedenken beiseitegewischt haben. Nach außen drang von den Spannungen nichts, denn Bergmann befürchtete, als beleidigte Leberwurst dazustehen. Sie ging mit 57 in Pension.

Doch nun, nach nur viereinhalb Jahren Matthias Hartmann, brennt das Burgtheater "hell lodernd", wie es MQ-Chef Christian Strasser am Mittwoch als neuer Vorsitzender des Aufsichtsrats ausdrückte. Es gebe nicht nur eine Finanz-, sondern auch eine Vertrauenskrise. Karin Bergmann spricht von einer "katastrophalen Situation", in der sich das Haus nach der Entlassung von Hartmann vor acht Tagen befinde. Sie sei, erzählt sie, von vielen Mitarbeitern aufgefordert worden: "Komm zurück und krempel die Ärmel hoch!" In dem Outfit, das sie bei der Pressekonferenz im Pausenfoyer vor einer Fototapete mit der Burg trug, wird das schwer gehen. Denn Karin Bergmann hatte ein schlichtes Kleid mit kurzen Ärmeln gewählt.

Nationalmannschaft

Aber sie wirkte souverän - auch auf Josef Ostermayer, den neuen Kulturminister. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, die interimistische Leitung bis zum 19. März zu bestellen. Er suchte jemanden, der rasch zur Verfügung steht und in der Lage ist, "die Kluft im Ensemble zu kitten". Er habe unglaublich viele Empfehlungen bekommen - als sei er auf der Suche nach einem Trainer für die Nationalmannschaft gewesen. Votiert wurde in erster Linie für Bergmann, viele sprachen sich auch für den Dramaturgen Hermann Beil aus.

Er setzte zwar keinen Publikumsjoker ein, Ostermayer hörte aber auf die Stimmen aus dem Ensemble - und bestellte Bergmann zur interimistischen Direktorin bis zum 31. August 2016. Das ehemalige Hoftheater hat damit zum ersten Mal eine weibliche Leitung. Das Ensemble vernahm die Kunde mit frenetischem Applaus.

Zweieinhalb Jahre seien optimal, so Ostermayer: Bergmann habe genug Zeit, um Ruhe ins Haus zu bringen; zudem könne man in Ruhe die Nachfolge regeln. Die künstlerische Geschäftsführung werde in den nächsten Wochen veröffentlicht werden, eine Entscheidung sei für den Herbst zu erwarten. Bergmann stehe es natürlich frei, sich zu bewerben.

Christian Strasser ist überzeugt, dass es spätestens zu Jahresende "Brand aus!" heißen werde. Und Bergmann spielt nicht ganz allein Feuerwehr: Hermann Beil erklärte sich bereit, als "ehrenamtlicher Berater" zu fungieren. Die Peymannschaft kehrt somit zurück: Bergmann, 1953 in Recklinghausen geboren, und Beil kamen zusammen mit Claus Peymann, Direktor von 1986 bis 1999, ans Burgtheater; sie als Pressesprecherin, er als Co-Direktor. Bergmann kennt daher Silvia Stantejsky gut. Als Geschäftsführerin (2008 bis 2013) soll diese ein Defizit in der Höhe von 2,7 Millionen Euro verursacht haben. Vom "System Stantejsky" habe sie nichts gemerkt, sagte Bergmann: "Ich war aber auch nicht in das Kaufmännische eingebunden."

Nun werde sie - "Ich bin das Gegenteil eines Notnagels" - zusammen mit Thomas Königstorfer, Stantejskys Nachfolger, das Budget sanieren. Das Kasino würde sie gerne erhalten, Hartmanns "Mammutproduktionen" hätten aber den Rahmen einer solchen dritten Spielstätte gesprengt. Sie habe bereits viele Ideen, werde sich aber zunächst mit der Dramaturgie zusammensetzen, die das Herz des Theaters sei. Gerne würde sie Regisseure verpflichten, die schon länger nicht mehr in der Burg inszenierten, etwa Andreas Kriegenburg, Karin Henkel, Thomas Ostermaier und Leander Haußmann.

Vielleicht führt auch Hartmann wieder Regie. Bergmann möchte, dass sein bereits geprobtes Stück Der falsche Film uraufgeführt wird, aber nicht am 6. April, sondern später. Die letzten Tage der Menschheit wird nicht Hartmann inszenieren: Zusammen mit Sven-Eric Bechtolf, Interimsintendant der Salzburger Festspiele, will die Intrerimsdirektorin für die Koproduktion einen neuen Regisseur verpflichten. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 20.3.2014)