Die Kommentare zum Abgang Frank Stronachs aus der heimischen Politik waren von vornehmer Zurückhaltung geprägt, auf Häme wurde weitgehend verzichtet. Die einzige Ausnahme bildete hier ausgerechnet das Team Stronach selbst, das im Rahmen einer Pressekonferenz die "problematische Verflechtung von internationalen Großkonzernen mit der Politik" geißelte, was ähnlich bizarr klingt wie die Klage eines Hansi-Hinterseer-Fanclubs über die Unsitte, gesangliche Defizite durch Einsatz von Playback zu kaschieren.

Ein klassisches Frustfoul der verbliebenen Parlamentsfraktion, die wohl angesichts der Aussicht, von nun an bis zum Ende der Legislaturperiode wie eine Gartenzwergkolonie eines von seinem Besitzer verlassenen Schrebergartens traurig vor sich hin zu verwittern, noch einmal nachtreten wollte, während von neutralen Beobachtern oder Gegnern kaum ein böses Wort zu hören war.

Vielleicht werden uns ja die Auftritte des verhaltensoriginellen Milliardärs im Nationalrat auf eine ganz ähnliche Weise abgehen wie beispielsweise die Volksreden des in eine Toga gehüllten Waluliso am Wiener Stephansplatz oder die Leitartikel Michael Fleischhackers in der Presse.

"Da sagt einer, der es sich leisten kann, Dinge, die wir alle auch längst hätten sagen können", schrieb Letztgenannter einst über Stronach. "Wir alle" wirkt in diesem Zusammenhang etwas gewagt, denn Forderungen nach "Todesstrafe für Berufskiller" oder "Entsendung von mittels Zufallsgenerator ermittelten Bürgervertretern ins Parlament" sind nur den wenigsten von uns zuvor eingefallen. Stronach warf derartige gedankliche Perlen in verschwenderischem Überfluss vor die darob wohlig grunzenden medialen Säue, so dass es nicht wundert, wenn, retrospektiv gesehen, einige dieser einzigartigen Ideen nicht ausreichend gewürdigt wurden.

Zum Beispiel sein Vorschlag für das Amt des Bundeskanzlers: Siegfried Wolf. Ein ehemaliger Magna-Adlatus, dessen berufliche Laufbahn sich bislang mit beeindruckender Konsequenz Franks goldener Regel "Wör des Gould hat moucht de Regeln" unterwarf. Darüber hinaus erwies er allergrößtes Geschick beim Erwerb verblüffend günstiger Luxusimmobilien, die vorher, aus welchen Gründen auch immer, von dem Autozubehörkonzern weitaus teurer eingekauft wurden.

Gerade in der jetzigen Situation hat die Vorstellung, von einem Kanzler Wolf regiert zu werden, besonderen Reiz. Dieser schwärmte nämlich noch vor ein paar Tagen von Putins Bemühungen um "ein funktionierendes Europa" und meinte zur Kritik an der Annexion der Krim: "Es ist anmaßend, wenn die EU und die USA Russland vorschreiben wollen, wie es sich verhalten soll."

Eine Interpretation des Völkerrechts von felixbaumgartnerhafter Qualität, die, aus dem Munde eines Regierungschefs, uns internationale Aufmerksamkeit sichern würde.

Denkbar aber, dass ihr Urheber seinen Standpunkt noch einer Überarbeitung unterzieht. Sollte die EU mit der als Sanktion angedachten Kontensperre für russische Oligarchen ernst machen, könnte der sich derzeit als Büttel Oleg Deripaskas verdingende Wolf in seinem Verhältnis zu Putin noch enorme Charakterelastizität unter Beweis stellen. (Florian Scheuba, DER STANDARD, 20.3.2014)