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Nicht nur die Beleuchtung in La Frontera auf der Kanareninsel El Hierro wird ab Sommer auf erneuerbare Energien umgestellt, das ganze Eiland bezieht dann den Strom auf diese Weise.

Foto: reuters/ferrero

Die Tankschiffe mit Heizöl, die regelmäßig auf El Hierro anlegen, werden bald schon Geschichte sein. Die kleinste der sieben Kanareninseln wird ab diesem Sommer die elektrische Energie zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gewinnen. Das Heizkraftwerk, das bisher die knapp 11.000 Einwohner mit Strom versorgt hat, wird dann abgestellt. El Hierro schreibt damit Geschichte. Die 278 km² große Vulkaninsel ist das erste Eiland weltweit, dass auf fossile Brennstoffe verzichten wird.

"Wir werden ab Juni 18.700 Tonnen CO2 pro Jahr vermeiden und 6000 Tonnen Heizöl einsparen", sagt Inselpräsident Alpidio Armas voller Stolz. Er steht der Gorona del Viento vor, die dies möglich macht. Das Unternehmen, das zu 60 Prozent der Inselregierung, zu 30 Prozent dem großen spanischen Energieversorger Endesa und zu zehn Prozent dem Technischen Institut der Kanarischen Inseln gehört, macht einen 30 Jahre alten Traum wahr.

Wind oder Wasser

Fünf Windgeneratoren der deutschen Firma Enercon mit einer Gesamtleistung von 11,5 Megawatt sind das Herzstück der künftigen Energieversorgung. Damit das Licht nicht ausgeht, wenn der Wind einmal nicht bläst, ist die Installation an einen Energiespeicher gekoppelt. Dazu wurden zwei riesige Wasserreservoirs errichtet. Das eine mit einem Fassungsvermögen von 380.000 Kubikmetern liegt rund 700 Höhenmeter über dem anderen mit 150.000 Kubikmetern. Über Sturzleitungen werden Turbinen betrieben. Auch sie haben eine Gesamtleistung von über elf Megawatt (MW).

Tagsüber versorgt entweder der Wind oder das Wasserkraftwerk die Insel mit Strom, deren Spitzenbedarf mit sieben MW gedeckt ist. Nachts, wenn der Konsum auf rund zwei MW - hauptsächlich für die Meerwasserentsalzung - zurückgeht, wird mit der restlichen Windenergie das obere Becken wieder vollgepumpt. Die Dieselaggregate, die ebenfalls an die Anlage gekoppelt sind, werden so wohl nie nötig sein. "Ein isoliertes System wie dieses zu errichten ist nicht einfach", sagt Armas. Es sei einmalig, weltweit. Insgesamt kostete die Anlage 82 Millionen Euro. Die Zentralregierung in Madrid schoss 35 Millionen Euro zu. Die Anlage nimmt ab sofort den Probebetrieb auf.

Kostenloses WLAN

Die Inselregierung verspricht sich von der Versorgung mit erneuerbarer Energie einen zusätzlichen Reiz der Insel für Besucher. Seit dem Jahr 2000 tragen 58 Prozent von El Hierro das Unesco-Gütesiegel des Biosphärenreservats. El Hierro wurde 2013 für das neue Kraftwerk mit dem prestigereichen Energy Globe ausgezeichnet. Armas sieht El Hierro als Modell für andere Inseln. Alleine in Europa leben etwa 17 Mio. Menschen auf abgelegenen Inseln. Weltweit sind es rund 600 Millionen.

Die Inselregierung auf El Hierro gibt sich mit dem Windkraftwerk nicht zufrieden. Die gesamte Insel ist mittlerweile mit kostenlosem Wireless Internet abgedeckt. Ein Netz, das sich im Aufbau befindet, soll bald schon Recyclingstationen und Trinkwasserbrunnen an ein zentrales Kontrollsystem anschließen. Außerdem soll bis 2020 auch der Individualverkehr auf fossile Brennstoffe verzichten. Die Inselregierung arbeitet zusammen mit Endesa und Nissan-Renault an der völligen Umstellung auf Elektrofahrzeuge. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 20.3.2014)