Geben macht glücklich.

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In der griechischen Mythologie verkörpert König Midas die leibhaftig gewordene Habsucht. Dionysos gewährte ihm seinen Wunsch, alles, was er berühre, möge zu Gold werden. Daraufhin war er zum Verhungern verdammt, weil auch seine Nahrung zu Gold wurde. Ron Hubbard (Scientology) empfahl seinen Jüngern ein identes Lebenskonzept: „Mache Geld, mache mehr Geld, mache, dass Leute mehr Geld machen!“ Ist das genauso ein Rohrkrepierer wie der Midas-Wunsch? Hat die Bibel recht, in der es heißt „Geben ist seliger denn Nehmen“?

Irrige Annahme

Wird zwischen globalem Glück (ich führe 0 das schlechteste bis 10 das beste Leben) und erlebtem Glück unterschieden, gemessen an der Häufigkeit von Freude, Heiterkeit und Lachen in den letzten zwei Tagen, zeigt sich, dass globales Glück mit zunehmendem Einkommen ansteigt. Allerdings erreicht das erlebte Glück schon bei einem Haushaltseinkommen von 75.000 Dollar seinen Plafond (Kahneman/Deaton). Globale Glücksurteile unterliegen der Midas-Illusion, die der irrigen Annahme folgen: „Ich bin reicher als andere, daher bin ich besser dran!“ Das reale Leben - sich freuen, lachen oder umgekehrt sich sorgen und traurig sein - wird davon kaum tangiert. Die ökonomischen Gleichungen zeigen, dass das 28-fache Durchschnittseinkommen notwendig ist, um z. B. Einsamkeit zu kompensieren.

Vor die Frage gestellt, was sie glücklicher mache, Geld persönlich oder für andere Menschen auszugeben, entscheiden sich fast zwei Drittel für das Ego-Investment. Eine Fehlentscheidung! In einem Experiment bekamen Personen einen Brief mit fünf oder 20 Dollar, in dem zu lesen war, das Geld noch am selben Tag entweder für persönliche Zwecke (Konsum oder Bezahlung von Rechnungen) oder prosozial auszugeben (Geschenke, Investition in andere, Spenden). Zuvor und danach wurde ihr Glücksniveau gemessen. Nur prosoziale Ausgaben erhöhten das Glück, unabhängig von der Betragshöhe. Der positive Effekt war sowohl in Ländern mit hohem (z. B. Kanada) als auch mit niedrigem BIP (Uganda) nachzuweisen. Der Gallup World Poll untersuchte in 136 Ländern die Auswirkungen karitativer Spenden. Sie haben auf das globale Glück denselben positiven Effekt wie das doppelte Durchschnittseinkommen.

Reziproker Altruismus

Prosoziale Ausgaben erhöhen auch die Teamperformance. Mitglieder von Sportteams bekamen einen Brief mit 20 Dollar ausgehändigt. Dort, wo sich die Mehrheit für prosoziale Ausgaben fürs Team entschied, stieg die Performance um 30 Prozent. Dort, wo das Ego-Investment dominierte, sank sie um sieben Prozent. Die Schubkraft eines reziproken Altruismus wird mittlerweile auch in der HR-Praxis genutzt. So steht bei Google ein spezieller Fonds zur Verfügung. Daraus können Mitarbeiter anderen Kollegen 150 Dollar schenken. Es gibt nur eine Regel: Es muss kurz begründet werden, warum das Geschenk gemacht wird.

All diese Erkenntnisse bestätigen ältere Annahmen der Einsamkeitsforschung, wonach der Mangel an Mitgefühl, das andere einem geben, weniger frustrierend sei als der Mangel an Mitgefühl, das man selbst geben kann. (DER STANDARD, 22./23.3.2014)