Drei Damen erinnern sich an ihre Jugend: Susa Meyer (als Tanja), Ana Milva Gomes (als Donna) und Jacqueline Braun (als Rosie v. li. n. re.). 

Foto: Brinkhoff/Moegenburg

Wien - Wirksame Pillen gegen das Erwachsenwerden sind noch nicht wirklich marktreif. Bis es so weit ist, darf Interessierten der Konsum von Mamma mia! empfohlen werden. Es schwirren durchs Stück einige reifere Menschen, die als Rolemodels fungieren können, so es um das Herüberretten eines unbeschwerten Freiheitsdranges in fortgeschrittene Altersbereiche geht.

Besonders die drei Damen (Donna, Tanja und Rosie) sind mit ihrer Skepsis gegenüber Dauerbindungen eine verwirrende Provokation für die Jugend dieses Stücks. Ersehnt die kleine Sophie (gesanglich blass, darstellerisch tadellos Madeleine Lauw) nichts mehr, als mit Sky (solide Andreas Wanasek) in den Ehehafen zu paddeln, hält ihre Mutter Donna nichts von derlei Lebensentwürfen.

Und trifft Donna erst auf die alten Freundinnen Tanja und Rosie, erblüht in ihr mit nostalgischem Furor jener wilde Teenager, der einst eine Combo namens Dynamos anführte. Es folgen dann Szenen einer ausgelassenen Restauration frühlingsjungen Betragens. Und es sind auch die sich dabei ergebenden Turteleien mit forschen Inselbubis hilfreich, Mamma Mia! bis zur Pause schrillen Slapstickcharme zu verleihen.

Als Jukebox-Musical ist dieses um ein paar alte Abba-Hits gebaute Romantical (Buch: Catherine Johnson) so etwas wie ein unerwarteter Glücksfall organischen Zusammenwachsens von Musik und Story. Zudem befreit die Regie Phyllida Lloyds reichlich selbstironisches Potenzial und theatralisch wirksame Exaltiertheit (entfesselt Susa Meyer als Tanja und Jacqueline Braun als Rosie). Nach der Pause lässt der Furor allerdings nach, schließlich gilt es, Vergangenheit - im Sinne einer dreifachen Vatersuche - aufzuarbeiten.

Donna hatte einst nämlich in kurzer Zeit drei Liebschaften, und Tochter Sophie lädt zu ihrer Hochzeit wahrheitssuchend alle drei infrage kommenden Herren ein - also Harry (Ramid Dustdar), Sam (Boris Pfeifer) und Bill (Martin Muliar). Nach Schwimmflossenballett und Polterabend fühlen sich jedoch alle drei als Sophies nun verantwortungsvolle Väter, was für Mutter Donna (sympathisch impulsiv Ana Milva Gomes) einiges an Diskussionsbedarf mit Ex-Lovern erbringt, welche in wenigen Minuten 20 Jahre Versäumnisse aufarbeiten wollen.

Klar ergeben sich dadurch ein paar dramaturgische Bremseffekte. Und es purzeln die Abba-Hits dann auch ein bisschen unvermittelt aus den Figuren heraus. Egal. Das Stück wird der Alten Dame im Ronacher sicher Konkurrenz machen. Es mündet jedenfalls in die Trauungsszene: Es heiratet Donna und nicht ihre Tochter. Sophie zieht es zur Selbsterforschung in die weite Welt. Sie tröstet sich darüber, dass das Rätsel um die Quelle ihrer Entstehung nicht geklärt wird, mit der Weisheit, wonach drei Väter besser sind als keiner. Applaus. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 21.3.2014)