Der Mindestlohn, das war die Monstranz, die die SPD im deutschen Bundestagswahlkampf vor sich hertrug. Flächendeckend solle er kommen, branchenübergreifend, und 8,50 Euro in der Stunde müssten es sein.
Jetzt hat Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ihren Gesetzesentwurf vorgelegt, und siehe da: Die 8,50 Euro kommen flächendeckend und branchenübergreifend. Die Union, die diese Lohnuntergrenze zuerst gar nicht wollte und noch vor einigen Wochen Ausnahmen hier und Ausnahmen dort gefordert hatte, fügt sich wieder einmal.
Und so wird am 1. Jänner 2015 in Europas größter Volkswirtschaft ein Experiment starten, dessen Ausgang man noch nicht vorhersagen kann. Die einen sehen massenweise Arbeitsplätze wegfallen, wenn nun überall 8,50 Euro bezahlt werden müssen. Die anderen finden es gut, dass in einem ökonomisch starken Land den Schwächeren keine Billiglöhne mehr bezahlt werden dürfen.
Doch bevor die SPD ihr Durchsetzungsvermögen genießen darf, möge sich die Union noch für eine Anhebung der Altersbegrenzung starkmachen. Es ist zwar richtig, Jugendlichen keinen Mindestlohn gewähren zu wollen, weil viele von ihnen so davon abgehalten werden könnten, eine Lehre zu beginnen. Diese bringt im ersten Jahr weit weniger Geld, und da könnten 8,50-Euro-Jobs zu verlockend sein. Doch viele junge Menschen beginnen ihre Ausbildung erst später. Die 18 Jahre sind daher zu niedrig angesetzt. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 21.3.2014)