
James Johnston (links) von Gallon Drunk lächelt noch freundlich. Live gibt es dann auf die Mütze.
Wien – Gallon Drunk um Brüll- und Röchelakrobat James Johnston haben sich bereits 1988 in London gegründet. Sie propagieren seitdem in wechselnden Besetzungen eine Kunstform, die im Wesentlichen darauf baut, den Zeiten nachzutrauern, in denen ein Nick Cave noch den König der schwarzen Krähen gab. Johnston war diesbezüglich in den Nullerjahren längere Zeit bei Nick Cave & The Bad Seeds selbst aktiv. Punk und Blues und diverse exotische Musiken wie Mambo oder Schlurfjazz oder Grenzgänge zwischen Amok und Koma bilden jedenfalls die Basis.
Darüber brüllt sich Johnston mit seiner ebenfalls in abgetragenen Anzügen und spitzen Schuhen steckenden Band die Seele aus dem Leib. Haushalten mit den Körperkräften wird im Rock‘n‘Roll seit jeher überbewertet. Vor allem live auch immer wieder in Wien zu sehen, tobt Johnston dabei mit seiner Gitarre herum, als würden Mikrofonständer aus Gummi sein – oder die Vorderzähne im Bedarfsfall nachwachsen.
Das ist ein schön unmittelbares Erlebnis, das sich etwa auch auf dem frischen wieder sehr gut geratenen Album The Soul Of The Hour zumindest ansatzweise nachvollziehen lässt.
Wer wegen soviel unbelehrbaren und alterstarrköpfigen Rüpeltums lieber ans Lagerfeuer flüchten möchte: Der zweite Programmpunkt des Abends ist Robyn Hitchcock. Der Brite ist ebenfalls alt und befindet sich dank seiner Vergangenheit mit The Soft Boys im Legenstatus. Hitchcock gilt in einschägigen Altherrenfachkreisen als ein großer Unbedankter unter den Songwritern und verbindet Einflüsse von Bob Dylan über Folk und zackiger New Wave bis sanftem Psychedelic Rock zu einer sehr speziellen Mischung. Leider noch immer ein Geheimtipp – aber er kann damit leben. (Christian Schachinger, DER STANDARD, 21.3.2014)