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Israelisches Militär nahe dem Drusendorf Majdal Shams auf den israelisch besetzten Golan-Höhen. An der syrischen und an der libanesischen Grenze zu Israel nehmen die Spannungen zu. 

Foto: APA/EPA/Atef Safadi

Damaskus/Wien - Zwei thematisch verwandte, einander scheinbar widersprechende Ereignisse aus dem Syrien-Kontext fielen Mitte diese Woche zeitlich fast zusammen: der erste offene und von israelischen Politikern kommentierte Militärschlag Israels innerhalb Syriens im innersyrischen Krieg und die Veröffentlichung eines geleakten Dokuments in der Tageszeitung Asharq Alawsat, das eine Unterredung der beiden Vizeaußenminister Russlands und Syriens, Michail Bogdanow und Faisal Mekdad, vom Mai 2013 wiedergibt. Beides hat mit der libanesischen Hisbollah zu tun.

Ohne sie explizit zu nennen, forderte Israels Verteidigungsminister Moshe Yaalon das Assad-Regime auf, die Hisbollah, die auf der Assad-Seite in Syrien kämpft, besser zu kontrollieren: Israel werde Damaskus dafür verantwortlich machen, was an israelfeindlichen Aktionen von seinem Territorium durch die "terroristischen Elemente", mit denen das Regime zusammenarbeite, ausgehe. Dem israelischen Angriff auf syrische Stellungen am Mittwoch war am Dienstag ein Bombenanschlag auf eine israelische Patrouille auf dem Golan vorangegangen, der für manche Beobachter sogar nach einem möglichen Entführungsversuch aussah. Anfang März war ein ähnlicher Bombenanschlag verhindert worden.

Israel hat bereits mehrere Male Ziele in Syrien bombardiert. Die Angriffe hatten nach Expertenmeinung das Ziel, die Übergabe von fortgeschrittenen Waffensystemen an die Hisbollah zu verhindern. In der Regel schweigt Israel jedoch zu solchen Operationen - eine Ambiguität, die es Assad erleichtert, nicht beziehungsweise nur verbal darauf zu reagieren. Militärischer Overspill von Syrien auf die israelisch kontrollierte Seite wurde meist als "Versehen" interpretiert und auch nicht immer dem Regime angelastet - das Grenzgebiet ist teilweise in der Hand von Rebellen, darunter israelfeindliche Jihadisten.

Diesmal liegt der Fall anders. Israel beschoss die syrischen Armeeeinheiten, die für die Zone verantwortlich sind, und setzte auch noch eine Warnung nach: eine Folge der wachsenden Spannungen und sich häufenden Zwischenfälle nicht nur an der syrischen, sondern auch an der libanesischen Grenze. So war vorigen Freitag ein Sprengsatz gegen ein israelisches Armeefahrzeug gezündet worden.

Im Gegensatz zu dieser Entwicklung steht das (nicht nur wegen dieses Bezugs interessante) geleakte Gespräch zwischen den beiden Vizeaußenministern Russlands und Syriens: Darin informiert Bogdanow Mekdad über ein langes Treffen mit Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah in Beirut. Dieser habe ihm gesagt: "Sie können die Israelis darüber informieren, dass die Südgrenze des Libanon (die israelisch-libanesische, Anm.) der sicherste Ort der Welt ist." Die ganze Aufmerksamkeit der Hisbollah gelte Syrien, sie habe nichts gegen Israel im Sinn. Mekdad hingegen lässt den Israelis ausrichten, dass Syrien jeden neuen Angriff beantworten - und die Hisbollah mit den Waffen, die sie braucht, ausrüsten - werde.

Zwischen diesem Gespräch und der sich akut aufschaukelnden Lage liegen Monate, in denen dem Assad-Regime und der Hisbollah eine militärische Konsolidierung im Krieg gegen die syrischen Rebellengruppen beschert war. Die israelische Analyse könnte sein, dass die Hisbollah nun langsam wieder Reserven und Lust auf die Auseinandersetzung mit Israel hat - das noch dazu zuletzt mit der Gaza-Front und den Raketen des "Islamischen Jihad" beschäftigt war. Innenpolitisch versuchte die Hisbollah zuletzt, in die Erklärung der neuen Regierung in Beirut, die deshalb seit Wochen blockiert war, die Klausel vom "Widerstand" hineinzureklamieren - womit der Kampf gegen Israel gemeint ist, was der Hisbollah als Argument dient, seine Waffen nicht abzugeben.

Shebaa-Farmen

Israel hat die Sicherheit auf dem Territorium der von ihm besetzten Shebaa-Farmen drastisch erhöht, die nach Beiruts Interpretation libanesisches, nach Uno-Rechtsauffassung jedoch syrisches Territorium sind. Sollte die Hisbollah ihre Aktivitäten gegen Israel mit der Ermordung eines ihrer Kommandanten, Hassan al-Laqis, im Dezember 2013 begründen, so ist auch da Ungewöhnliches passiert: nämlich ein Dementi der Israelis, dass sie dafür verantwortlich sind. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 21.3.2014)