Phnom Penh / Wien - Seit Jahrzehnten muss die Waldfläche im südostasiatischen Kambodscha dramatische Verluste hinnehmen. Zum einen wird wertvolles Tropenholz zur Weiterverarbeitung gewonnen, zum anderen werden Wälder für einträgliche landwirtschaftliche Monokulturen wie etwa Kautschuk gerodet. In den vergangenen 15 Jahren sollen rund 70 Prozent des gesamten Regenwalds in Kambodscha zerstört worden sein.
Eine Trendumkehr ist nicht zu erwarten. Denn das Land, das zu den ärmsten der Welt zählt, versucht mit dem großen Wirtschaftswachstum Schritt zu halten. Der immer größer werdende Hunger nach Energie wird durch teure Importe, aber vor allem durch Verbrennen von Holz und Holzkohle gestillt.
Die meiste Energie wird aus Holz gewonnen
Neben der Industrie sind es auch Restaurants, kleine Firmen und Privathaushalte oft ohne Stromanschluss, die mangels Alternativen auf das Verbrennen von Feuerholz und Holzkohle angewiesen sind. Laut der französischen NGO Group for Environment, Renewable Energy and Solidarity (Geres) sind auf Holz basierende Energieträger für 85 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Kambodscha verantwortlich - Tendenz steigend.
In diesem Umfeld hat das Unternehmen SGFE (Sustainable Green Fuel Enterprise) ein Sozialprojekt entwickelt, das auf nachhaltig erzeugte Energieträger setzt. SGFE produziert qualitative Briketts zum Heizen, und zwar vollständig aus Biomasse-Abfällen. Die Rohmaterialien sind etwa Kokosnussschalen, die in Märkten und Müllplätzen rund um die Hauptstadt Phnom Penh eingesammelt werden. Auch Abfälle von Reis sowie Holz- oder Kohlerückstände, die in der Asche von verschiedenen Feuerplätzen in Fabriken zurückbleiben, werden für die Produktion der Briketts verwendet.
Tapioka als Bindemittel
"Um ein Kilogramm Briketts aus Kokosnussschalen zu gewinnen, sind fünf Kilogramm Kokosnüsse notwendig", sagt Carlo Figà Talamanca, der Geschäftsführer von SGFE, dem Standard. Briketts mit weniger Anteil an Kokosnussschalen sind weniger qualitativ, aber günstiger. Als Bindemittel wird natürliche Tapioka von lokalen Produzenten verwendet.
Mittlerweile gibt es 25 Angestellte bei SGFE, darunter acht Frauen und 17 Männer. Viele von ihnen waren Müllsammler auf den Müllhalden der Millionenmetropole und verkauften wertvolle, aber auch gefährliche Abfälle weiter. Bei SGFE bekommen sie ein geregeltes Einkommen, einige Arbeiterinnen und Arbeiter konnten ihre Kinder mit dem Geld erstmals zur Schule schicken.
2013 den Break-even geschafft
Das Unternehmen wurde 2008 von zwei NGOs gegründet, stand aber vor gröberen wirtschaftlichen Problemen, als es den Weltenbummler Talamanca bei seiner Bildungskarenz vor einigen Jahren nach Kambodscha verschlug. Der Wirtschaftsingenieur aus Rom engagierte sich ab 2011 bei SGFE. "Und 2013 konnte der Break-even geschafft werden", sagte der heute 36-Jährige.
Hunderte Tonnen Kokosnussschalen werden getrocknet, gesiebt, verkohlt, zertrümmert, gepresst und schließlich geformt. Mittlerweile produziert das Unternehmen 45 Tonnen Briketts pro Monat. "In den nächsten zwei Jahren wollen wir die Kapazität auf 100 Tonnen steigern", sagt Talamanca. 1200 Haushalte und 30 Restaurants werden mit den Briketts versorgt. Reine Kokosnussschalen-Briketts sollen laut Talamanca rund 30 Prozent länger als herkömmliche Holzbriketts brennen und viel weniger Rauch verursachen. (David Krutzler, DER STANDARD, 22.3.2014)