Wien - Rund zwei Wochen nach Bekanntwerden eines Höchstgerichtsurteils, das die Lebenshilfe Wien zur Rückzahlung eingehobener Zusatzentgelte an eine Frau mit Down-Syndrom verpflichtet, zeigt sich: Eine breite Rückforderungswelle ist bisher ausgeblieben. Lebenshilfe, Jugend am Werk und Caritas Wien als Träger von Behindertenwohnheimen und -wohngemeinschaften gaben bei einem Standard-Rundruf an, es lägen bislang keine Geldrückforderungen auf dem Tisch.

Der OGH hatte moniert, dass die Lebenshilfe Wien für Zusatzleistungen für Menschen in Behinderten-Wohneinrichtungen eine Pauschale einhebt und nicht ausreichend definiere, wofür. In dem Fall, der zur Musterklage führte, wurden monatlich 280 Euro Zusatzentgelt kassiert. Joachim Meir von der Lebenshilfe Wien sagt, dass der gemeinnützige Verein dabei sei, die geforderte Transparenz zu schaffen. Meir meint, dass es gleichzeitig aber auch einer genaueren gesetzlichen Definition von Grundbetreuung bedarf.

Mehr Abrechnungsaufwand

Walter Schaffraneck, Geschäftsführer von Jugend am Werk, sieht dies aber kritisch. Genaue Definitionen würden die Flexibilität einschränken und individuelle Lösungen verunmöglichen, meint Schaffraneck. Und er warnt davor, den bürokratischen Aufwand eklatant zu erhöhen. "Je mehr Einzelabrechnungen, desto mehr Dokumentationsaufwand haben wir", sagt er - was mehr Arbeitszeit des Betreuungspersonals für administrative Tätigkeiten binde. Der meiste Zusatzaufwand entstehe bei Jugend am Werk durch die Verwaltung des Geldes der betreuten Menschen mit Behinderung - zum Beispiel für Bankwege.

Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien (FSW), ist der Meinung, dass bereits ausreichend definiert sei, dass Träger Entgelte genau aufzuschlüsseln haben. Es bedürfe daher keiner weiteren gesetzlichen Festschreibung. Im Konsumentenschutzgesetz steht, dass ein Heimvertrag "eine Aufschlüsselung des Entgelts jeweils für Unterkunft, Verpflegung, Grundbetreuung, besondere Pflegeleistungen und zusätzliche Leistungen sowie die vom Träger der Sozial- und Behindertenhilfe gedeckten Leistungen" enthalten muss. Wenn aber die Träger von Behinderteneinrichtungen kollektiv für eine präzisere Definition plädieren, werde er sich einer Diskussion nicht verwahren, sagt Hacker. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 24.3.2014)