Sebastian Kurz ist eines der "Opfer" der Streikmaßnahmen im israelischen Außenministerium. Österreichs Außenminister sollte ab gestern, Sonntag, drei Tage lang in Israel sein, doch der offizielle Besuch musste abgeblasen werden, weil er ohne die Berufsdiplomaten nicht organisiert werden konnte. Premier Benjamin Netanjahu muss auf eine als "historisch" bezeichnete Lateinamerikareise verzichten, was die israelfreundlichen Gastgeberländer Mexiko, Panama und Kolumbien vergrämt.

Am Sonntag haben Bedienstete des Außenamts einen Gang höher geschaltet und einen Generalstreik ausgerufen. Die 103 israelischen Vertretungen in aller Welt werden geschlossen, ebenso das Ministeriumsgebäude in Jerusalem, das nicht einmal Minister Avigdor Lieberman betreten darf. Seine Beamten "haben den Verstand verloren", lautete Liebermans Reaktion. Betriebsrat Jaakov Livne sah die Schuld bei der "Sturheit des Finanzministeriums".

Die Streikenden fordern höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen - etwa finanzielle Unterstützung für Partner, die einen Beruf aufgeben, um Diplomaten ins Ausland zu begleiten. Wegen der niedrigen Gehälter, so die Klage, würde der diplomatische Dienst die besten Köpfe verlieren. Schon seit 2012 hatte es einen langen Streik gegeben, der im Sommer 2013 zu Lohnverhandlungen führte. Doch die brachen zusammen. Eine Visite des britischen Premiers David Cameron vor zehn Tagen konnte noch stattfinden. Auch der Besuch von Israels Präsident Schimon Peres in Wien am kommenden Sonntag galt zuletzt als gesichert.

Beim ersten Streik waren mitunter im Ausland stationierte Beamte des Verteidigungsministeriums oder des Geheimdienstes Mossad bei der Organisation von Besuchen israelischer Politiker eingesprungen.

Die peinliche Lähmung strahlt in viele Richtungen aus: Viele Ereignisse in den Bereichen Tourismus, Wissenschaft oder Terrorbekämpfung werden gestrichen oder verschoben, internationale Abkommen nicht unterzeichnet, Delegationen aus den USA ausgeladen. Sportler, die an Bewerben in Israel teilnehmen wollen, können kein Visum bekommen. Die streikenden Diplomaten beziffern den finanziellen Schaden auf dutzende Millionen Euro.

In Bedrängnis kommen jetzt auch Israelis, die auf Reisen etwa ihren Pass verlieren und keinen neuen bekommen können. Ein Ende des Arbeitskonflikts ist vorerst nicht in Sicht, weil es im Moment nicht einmal Kontakte zwischen Betriebsrat und Finanzministerium gibt. Eine Imagekatastrophe für Israel wäre es, wenn tatsächlich der für Ende Mai geplante Besuch von Papst Franziskus nicht zustande käme. Die detaillierte Koordination mit dem Vatikan müsste dringend anlaufen. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, 24.3.2014)