Die Charmeoffensive von Hassan Rohani und seinem Außenminister Zarif, den beiden freundlichen Gesichtern des Terrors, läuft ganz zur Zufriedenheit des Obersten Geistlichen Führers Ali Khamenei. Selbst das Auffliegen einer durch die israelische Marine vereitelten Waffenlieferung des iranischen Regimes in den Gazastreifen Anfang März konnte die europäische Begeisterung für die Rohani-Regierung nicht trüben. Während Israel die beschlagnahmten Raketen präsentierte, hielt die EU-Außenbeauftragte Cathrin Ashton sich zu Gesprächen in Teheran auf. Über den versuchten Waffenschmuggel verlor sie wie die meisten europäischen Regierungschefs kein Wort.
Die Zurückhaltung bei der Kritik am iranischen Regime erklärt sich aus den Atomverhandlungen, die nach ihrer Fortsetzung letzte Woche in Wien Anfang April in die nächste Runde gehen werden, und dem fatalen Atomdeal von Genf, der darauf hinausläuft, das Nuklearprogramm zu institutionalisieren, anstatt es zu beenden. Während iranische Revolutionswächter und Teherans Verbündete von der Hisbollah in Syrien tausende abschlachten, kann das Regime sich bei den Verhandlungen als verantwortungsvoller Partner präsentieren. Auf die dramatische Zunahme von Hinrichtungen im Iran, auf die vor zwei Wochen auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hingewiesen hat, reagiert die EU wenn überhaupt nur mit leeren Worthülsen.
"Finger am Abzug"
Egal, ob der Sprecher des iranischen Pseudoparlaments Ali Laridjani Israel als "Krebsgeschwür" attackiert oder der Pasdaran-General Hossein Salami erklärt, Iran halte "den Finger am Abzug" um jederzeit das "zionistische Regime zu zerstören" - im Westen ist kaum Kritik zu hören. Schließlich will man das gute Klima bei den Atomgesprächen nicht stören. Selbst als Ali Khamenei letzte Woche in einer Rede zum iranischen Neujahrsfest abermals die Shoah in Zweifel zog, war das im Westen kein Anlass, den fatalen Kuschelkurs gegenüber Teheran zu überdenken. Der geistliche Führer ließ unter anderem auf Twitter verkünden, "man wisse nicht, ob es" den Holocaust "gab oder nicht, und wenn ja, was geschah".
Im Willen zum faulen Kompromiss mit dem iranischen Regime drückt sich eine ebenso naive wie geschäftstüchtige Sehnsucht aus. Die OMV scharrt in den Startlöchern, um ihren auf Eis gelegten 22-Milliarden-Euro-Deal mit dem Regime doch noch durchzuziehen, und die Wirtschaftskammer veranstaltete Ende Februar ein Seminar, um Firmen zu Geschäften zu animieren, die für den Iran dringend notwendig sind, um Projekte fortsetzen zu können - sei es das Atomprogramm, sei es die Unterdrückung der Bevölkerung.
Will Europa Israel nicht die Entscheidung aufzwingen, eigenständig gegen das Atomprogramm vorzugehen oder unter dem Damoklesschwert der iranischen Bombe zu leben, darf es nicht auf die Teheraner Charmeoffensive hereinfallen und müsste endlich beginnen, eine scharfe und konsequente Sanktionspolitik zu betreiben. Der Druck auf Teheran muss erhöht und die Opposition im Iran und im Exil unterstützt werden. (DER STANDARD, 24.3.2014)