Ist das die Alternative zur elektronischen Gesundheitsakte? Wenn es nach dem Hausärzteverband geht, dann soll deren Einführung gestoppt werden. In der Ärztekammer ist das umstritten.

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Wien - Wenn die Gremien der Wiener Ärztekammer tagen, dann geht es manchmal um die Zukunft des Gesundheitssystems. Und manchmal geht es um, na ja, banalere Dinge. Vorstandssitzung vor einigen Wochen in der Weihburggasse. Eva Raunig hat sich gründlich vorbereitet. Sie ist durch die Tiefgarage gegangen und hat Kennzeichen fotografiert. Denn in so manchem Auto vermutet sie unberechtigte Parker, Ex-Funktionäre, die gar nicht mehr dort stehen dürften. Sitzungsteilnehmer berichten von einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Resignation bei Raunigs Auftritt.

Die praktische Medizinerin in Wien-Alsergrund ist die wohl prominenteste Vertreterin des Hausärzteverbandes. Drei von 90 Mandaten hat dieser in der Wiener Ärztekammer inne, und dennoch stellt die kleine Interessenvertretung mit Raunig seit 2012 die Vizepräsidentin. Und das kam so: Der nunmehrige Kammerpräsident Thomas Szekeres, Mediziner am AKH, brauchte - dem hochkomplexen Kammer-Wahlrecht sei Dank - für eine Mehrheit für seine Koalition noch eine Stimme von den niedergelassenen Ärzten. Die gab ihm Raunig. Szekeres beantragte in derselben Sitzung eine Statutenänderung, mit der das Amt eines dritten Vizepräsidenten geschaffen wurde. Und das bekam - Raunig. Wobei beide einen Zusammenhang bestreiten.

Kraft dieser Rolle war Raunig vor zwei Wochen zu einer Diskussion über die elektronische Gesundheitsakte (Elga) zur ORF-Sendung Im Zentrum eingeladen wurde - sehr zum Ärger der Kammerspitze, denn die Totalopposition des Hausärzteverbandes zu Elga ist alles andere als mehrheitsfähig. Andere Spitzenfunktionäre befinden sich zunehmend auf einem moderateren Kurs - nach dem Motto: Wir mögen diese Elga zwar nicht, aber kommen wird das Ding ohnehin, also versuchen wir, es irgendwie mitzugestalten.

Nicht so der Hausärzteverband: Elga sei das Ende der niedergelassenen Ärzteschaft, findet Präsident Christian Euler. Damit werde "das Gesundheitssystem in einen Markt verwandelt". Der Ärztekammer unterstellt er zu viel Nähe zu den Regierungsparteien. Eine Mitgliederzahl des Hausärzteverbandes möchte Euler nicht preisgeben: "Es sind ein paar hundert. Aber wir haben mehr Sympathisanten als Mitglieder." Und erstaunlich viel Aufmerksamkeit: Einerseits wegen der plakativen Positionen, denn der Hausärzteverband fordert neben dem Stopp von Elga auch die Wiedereinführung der Ambulanzgebühren. Andererseits wohl, weil der Name insinuiert, der Verband würde tatsächlich alle Hausärzte vertreten.

Besonders Raunig habe ein völlig verdrehtes Verständnis von Standesvertretung, meint ein Wiener Ärztekämmerer: "Sie glaubt tatsächlich, wenn sie zu etwas Nein sagt, steht die Republik." In Sachen Elga ist dies freilich zu bezweifeln; und die Parkgaragenprobleme in der Weihburggasse sind auch nach wie vor ungelöst.(Andrea Heigl, DER STANDARD, 25.3.2014)