Einkaufen gehen oder einkaufen lassen: Noch müssen einige Hürden überwunden werden, um frische Lebensmittel direkt an die Haustür zu liefern.

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Steyr - Brot, Milch, Eier und Tomaten, Briefe und Pakete: Das könnte in Zukunft vor der Tür warten, nachdem die Zusteller der Post gekommen sind. In Oberösterreich werden die Briefträger bereits im kommenden Herbst den zuvor im Webshop getätigten Supermarkteinkauf zustellen. Dann startet nämlich ein Pilotversuch des von der FH Oberösterreich geleiteten Projekts "Food4all@home", der testen soll, ob sich eine flächendeckende und dennoch kostengünstige Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs direkt ins traute Heim umsetzen lässt.

Der anhaltende Boom des Internethandels legt nahe, dass auch im Lebensmittelbereich funktionieren könnte, womit Amazon & Co Milliarden scheffeln. Doch in den Konzepten zur Hauszustellung von Supermarktartikeln müssen Schwierigkeiten bedacht werden, die bei Büchern und Elektronikprodukten nicht anfallen. Da wäre einmal die Lieferzeit: Konsumenten würden nicht akzeptieren, dass sie ihre Frühstücksmilch erst drei Tage nach der Bestellung bekommen. Dann bedarf es entsprechender Kühlung, um frische Lebensmittel zu transportieren. Und schlussendlich ist das Verhältnis zwischen Warenwert und Größe und Gewicht der Ware bei Lebensmitteln nicht besonders vorteilhaft.

Im Rahmen des von der Förderagentur FFG unterstützten Projekts wollen das Logistikum der FH Oberösterreich, die Österreichische Post AG, die Risc Software GmbH in Hagenberg und die Pfeiffer Handels-GmbH, die Unimarkt, Nah & Frisch und Zielpunkt betreibt, versuchen, diese Hürden in den Griff bekommen.

"Für die Lebensmittelzustellung eine eigene Infrastruktur aufzubauen kann sich außerhalb der Ballungszentren nicht rechnen", sagt Projektleiter Efrem Lengauer vom Logistikum in Steyr. "Wir wollten aber in die Fläche gehen." Damit die Zustellung eines Wocheneinkaufs einer Pensionistin in einem abgelegenen Mühlviertler Dorf ohne hohe Mehrkosten wirtschaftlich werden kann, müssten Lebensmittelhandel und Logistikunternehmen ihre Prozesse gut aufeinander abstimmen.

Die Softwareentwickler bei Risc entwickeln dazu ein sogenanntes Last Mile Simulation Framework. Auf Basis von verschiedenen Mengenszenarien soll eine umfassende Simulation entstehen, die abschätzbar macht, wie sich die Zustellung auf den Ressourcenbedarf der beteiligten Unternehmen auswirkt. Zudem sollen Fragen wie die richtige Zurechnung der Kosten geklärt werden.

Abendzustellung erwünscht

In einem ersten Schritt haben die Forscher versucht, Konsumentenwünsche und Möglichkeiten von Supermärkten und Zustellbetrieb abzugleichen. Tiefkühlprodukte wurden ausgeschlossen, weil sich keine durchgehende aktive Kühlung bis zur Haustür etablieren lässt. Nur egalisierte Ware und etwa keine eigens aufgeschnittene Wurst kommt für die Lieferung infrage.

Grundsätzlich sei Bereitschaft von Kunden vorhanden, für eine Lieferung zu bezahlen, auch wenn in den Fokusgruppen klar wurde, dass dies ein "sehr erklärungsbedürftiges Produkt" ist, betont Lengauer. Eine Mehrheit der Menschen wünsche sich eine Abendzustellung, was allerdings erst möglich wird, wenn die Post eine flächendeckende Same-Day-Zustellung umgesetzt hat.

Am naheliegendsten ist es, das Standardprodukt der Post "E+1", also die Zustellung am nächsten Tag, zu nutzen. Damit würden die Lebensmittel, die Kunden bis zum Abend im Webshop bestellen, am folgenden Tag mit der Post kommen. Damit das funktioniert, müssten die Waren spätestens um drei Uhr früh bei einem zentralen Verteilerzentrum oder bis spätestens sieben Uhr in der entsprechenden Zustellbasis sein.

Die eine Variante wäre, in der Früh in den bestehenden Supermarktfilialen die Waren zu kommissionieren und sie an die jeweiligen Zustellbasen zu bringen. Die andere wäre, von einer eigenen Kommissionierungsfiliale aus an das Verteilerzentrum zu liefern. Beide Szenarien werden getestet, sagt Lengauer. Versuche mit einer Testfiliale in Linz, ab der die Waren ins Postsystem eingeschleust werden, laufen bereits.

Wenn der Webshop öffentlich zugänglich ist, werden die Zusteller durchschnittlich je ein bis zwei der isolierten Kunststoffboxen dabeihaben, in denen die verderblichen Waren transportiert werden, schätzt Lengauer. In England würden bereits über fünf Prozent der Supermarktartikel zugestellt, in Österreich hätte man ein Potenzial von ein bis zwei Prozent.

Die Webshops müssten möglichst niederschwellig gehalten sein, da gerade ältere Menschen das Angebot nutzen sollen. Auch Mindestbestellmengen und mögliche Zustellpauschalen sollen im Pilotprojekt analysiert werden. Der Briefträger ruft dann vielleicht vor der Haustür nicht nur "Die Post ist da!", sondern auch: "Orangensaft und Schokolade sind da!" (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 26.3.2014)