Bild nicht mehr verfügbar.

Venezuelas Hauptstadt Caracas ist zuletzt wieder von heftigen Protesten erfasst worden. Am Montag reagierte die Regierung mit einer Abwertung auf die dramatischen Wirtschaftsprobleme.

Foto: Reuters

Caracas/Wien - Die Wirtschaftskrise in Venezuela erreicht einen neuen Höhepunkt. Am Montag hat der Bolívar, die venezolanische Währung, um knapp 89 Prozent gegen den US-Dollar abgewertet. Auf dem neuen Währungsmarkt Sicad II erhalten Unternehmen für einen US-Dollar 55 Bolívar, berichten Händler. Der offizielle Wechselkurs liegt aber wesentlich niedriger. Wer wichtige Güter wie Medikamente importieren möchte, zahlt etwa 6,3 Bolívar je Dollar, für andere Produkte sind es elf. Mit dem Sicad-II-Markt soll der Zugang zu den knapp gewordenen Dollars verbessert werden. "Das ist eine Abwertung durch die Hintertür", betont Schwellenländer-Ökonom David Rees von Capital Economics.

Volkswirte warnen seit Monaten vor einer Zuspitzung der Wirtschaftskrise. Seit 2000 ist die Ölproduktion Venezuelas um fast ein Drittel gefallen, zeigen Daten der Internationalen Energieagentur. Öl ist aber der wichtigste Devisenbringer. "In dem Land herrscht ein chronischer Mangel harter Währungen", betont Rees. Der US-Dollar ist daher für Importe besonders gefragt. Die Abwertung vom Montag dürfte die Inflationsrate weiter nach oben treiben. Das ölexportierende Land hat knapp elf Jahre nach der Einführung von Kapitalverkehrskontrollen mit 57 Prozent eine der höchsten Inflationsraten der Welt.

Zuletzt hat die zunehmende Knappheit von alltäglichen Produkten wie Klopapier auch zu einer politisch explosiven Lage beigetragen und die venezolanische Opposition auf die Straße gebracht. Die Regierung betont aber, dass die jüngste Reform gar keine Abwertung sei. Laut Präsident Maduro werde der neue Sicad II Markt nur für sieben bis acht Prozent der Tauschgeschäfte in Venezuela ausmachen. Die Opposition sprach hingegen von einem "schwarzen Montag".

Gefahr für Emerging Markets

Doch könnte eine Krise Venezuelas auch andere Schwellenländer erfassen? "Die Krisen in der Türkei und Argentinien haben Investoren in Alarmbereitschaft versetzt", warnt Rees. Argentinien hat Anfang des Jahres seine Währung abgewertet, daraufhin haben auch die Devisenmärkte in Asien und Osteuropa gelitten.

Tatsächlich haben sich die Vorzeichen für große Emerging Markets zuletzt umgekehrt, auf Boom folgte Krise, auf Euphorie Kapitalflucht. Nun zeigte etwa die Ratingagentur S&P Brasilien vor der Fußball-Weltmeisterschaft die Gelbe Karte. Sie stufte die Kreditwürdigkeit der größten lateinamerikanischen Volkswirtschaft auf "BBB-" herunter. Damit liegt die Note nur noch eine Stufe über Ramschniveau. Brasiliens Kreditwürdigkeit sei dadurch "systematisch geschwächt" worden, dass die Regierung ihre Haushaltsziele wiederholt zurückgenommen habe, erklärte S&P am Montagabend. Zusätzlich hätten Transparenz und Glaubwürdigkeit der Wirtschaftspolitik unter der Kreditvergabe staatlicher Banken gelitten.

Die Ratingagentur Fitch wiederum stufte in einer aktuellen Studie türkische Unternehmen als besonders verletzlich ein, wegen eines "Giftcocktails" aus Konjunkturschwäche, steigender Zinsen und niedriger Währung. Fremdwährungskredite, in der Türkei ist dies vor allem dollarfinanziertes Kapital, könnte die Schulden der Unternehmen in den nächsten zwei Jahren explodieren lassen - um bis zu 50 Prozent.

Schwellenländer machen die US-Notenbank Fed für die jüngste Misere verantwortlich. Mit der Drosselung des milliardenschweren Anleihenprogramms habe sie die internationale Kapitalflucht ausgelöst. (sulu, Reuters, DER STANDARD, 26.3.2014)