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Die Wurzel des Unglücks von Baumax war die Expansion in den Osten.

Foto: APA/Pfarrhofer

Die Krise der Essl-Gruppe kann wirklich betroffen machen - und nicht nur wegen der vielen Arbeitsplätze, die nun in Gefahr sind. Keine andere Unternehmerfamilie hat in den vergangenen Jahren das Konzept des ethischen Kapitalismus mit so viel Energie und Authentizität vertreten wie die Eigentümer der Baumax-Kette.

Wenn Karlheinz Essl und sein Sohn Martin über Corporate Social Responsibility und Ethik sprachen, dann war das nicht nur ein Marketingschmäh. Die tiefgläubigen Protestanten waren und sind wirklich davon überzeugt, dass erfolgreiche Unternehmer der Gesellschaft möglichst viel von ihrem Erfolg zurückgeben müssen.

Sie taten das mit verschiedenen sozialen Aktivitäten, darunter die Vergabe eines Essl Social Prize, und ihrer riesigen Kunstsammlung, für die sie nicht nur Glamourstücke aufkauften, sondern auch weniger prominenten heimischen Künstlern zu Geld und Bekanntheit verhalfen. Das heißt zwar nicht, dass die Regierung die Sammlung kaufen muss. Aber sie war ein Dienst an der Allgemeinheit.

Und Baumax galt immer als freundlicher Arbeitgeber, der seine Mitarbeiter als Teil einer Familie betrachtete.

Alles nur Täuschung?

Viele mögen das Engagement der Essls als Täuschung abtun. Schließlich zahlt auch Baumax nicht viel mehr als andere in der Handelsbranche, und das ist nicht viel. Ihre schrillen Megamärkte trugen ebenfalls zum Wachstum von hässlichen Einkaufszentren, der Verödung der Innenstädte und der Zunahme von Autoverkehr bei.

Dennoch waren die Essls unter Österreichs Paradeunternehmern eine Klasse für sich. Sie schienen wie aus Max Webers Schriften entsprungen.

Und man hätte sich gewünscht, dass sie mit ihrer Mischung aus Geschäftssinn und Gemeinwohlverantwortung Erfolg haben. Denn sie waren der lebende Beweis, dass Unternehmertum nicht mit Raubtierkapitalismus gleichzusetzen ist.

Riskante Ostexpansion

Hat ihr Scheitern etwas mit ihrer Betonung der Ethik zu tun? Auf den ersten Blick nein. Die Wurzel des Unglücks liegt in der Expansion im Osten, die durch die anhaltende Wirtschaftskrise in vielen Staaten zu massiven Verlusten führte.

Zwei Dinge fallen dabei auf: Die Ostexpansion war eine zwar grundsätzlich richtige, aber dennoch höchst riskante Strategie. Anders als bei den großen Banken und Versicherungen fehlten dem Familienunternehmen die finanziellen Reserven, um größere Rückschläge zu verkraften.

Risikobereitschaft gehört zum Unternehmertum dazu, aber ein Drahtseilakt ohne Netz ist dennoch etwas, auf das so nüchterne Kaufleute wie die Essls eigentlich hätten verzichten müssen.

Stattdessen haben die Essls die Expansion noch forciert, als die Probleme im Osten schon absehbar waren. Diese Hartnäckigkeit, ja sogar Sturheit, ist wohl typisch für Menschen, die fest an ihre Werte glauben und sie auch zu leben versuchen. Aber das kann auch leicht ins Verderben führen.

Haltung ersetzt keine Umsicht

Dennoch: Es gibt wohl Platz für ethisches Handeln in unserer Wirtschaftswelt. Unternehmer, denen nicht nur der kurzfristige Gewinn wichtig ist, haben genauso gute Aussichten wie jene, die nur auf den Shareholder-Value schauen. Aber Haltung ersetzt nicht Umsicht und kluge Vorausschau.

Und wer Familienunternehmen grundsätzlich für anständiger hält als große Aktiengesellschaften oder gar internationale Konzerne, der muss sich bewusst sein, dass sie für heftige Stürme oft weniger gut gewappnet sind - und deshalb leichter Schiffbruch erleiden. (Eric Frey, derStandard.at, 26.3.2014)