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Die EZB prüft und sondiert. Ob negative Einlagenzinsen oder Anleihenkäufe, die Stimmen für unkonventionelle Maßnahmen in Frankfurt nahmen zuletzt wieder zu.

Foto: reuters/orlowski

Frankfurt/Wien - Milliardenschwere Ankäufe von Staatsanleihen, um die Wirtschaft zu stimulieren - in der Europäischen Zentralbank war diese Methode zur Krisenbekämpfung stets umstritten, gerade die Vertreter der Deutschen Bundesbank in den höchsten Gremien der EZB lehnten diese Maßnahme stets ab. Doch der Widerstand scheint zu bröckeln. Tatsächlich haben verschiedene Top-Notenbanker angedeutet, dass sie sich radikale Schritte vorstellen könnten, um die Euro-Wirtschaft zu beflügeln. Denn auch mehr als ein Jahr nachdem EZB-Chef Mario Draghi mit seiner "Whatever-it-takes"-Rede die Finanzmärkte beruhigt hat, leidet die Realwirtschaft in Europa an stockenden Krediten und wenig Wachstum.

Bundesbank-Chef Jens Weidmann hat in einem Interview mit Market News angedeutet, dass er sich ein Anleihenkaufprogramm vorstellen kann, um die europäische Konjunktur zu stützen. Analysten sehen darin bereits, dass die Deutschen "die Tür zu Anleihenkäufen" aufgestoßen hätten. Die Möglichkeit eines negativen Zinssatzes für Banken wird in der Führung der Europäischen Zentralbank (EZB) offenbar auch als Instrument im Kampf gegen eine zu niedrige Teuerung salonfähig. "Nach meiner Ansicht ist das kein strittiges Thema mehr", sagte der finnische Notenbankchef Erkki Liikanen dem Wall Street Journal. Auch eine weitere "Bazooka" - so wurde die knapp 1000 Milliarden Euro große Kreditlinie der EZB an Banken 2012/2013 genannt - sei eine Option.

Reformeifer

Doch geht es nach dem renommierten Wirtschaftsprofessor Jeffrey Frankel von der Harvard Kennedy School, gibt es noch einen besseren Zugang für die europäische Geldpolitik. Die EZB solle US-Anleihen ankaufen. "Dann würde die EZB die rechtlichen Hürden einfach überspringen", sagt Frankel im Gespräch mit dem Standard. "Dazu kommt, dass der Ankauf von US-Staatsanleihen zusätzliche Vorteile bietet." So ließen sich etwa die Gefahren des "Moral Hazard" vermeiden. Würde die EZB den Ankauf von beispielsweise portugiesischen Bonds ankündigen, hätte die Regierung in Lissabon weniger Anreiz, auf dem Reformkurs zu bleiben. Wenn die Notenbank aber US-Papiere ankauft und so ihre Geldmenge ausweitet, würde das zwar auch in der Eurozone das Zinsniveau etwas dämpfen, ohne den Reformeifer zu ersticken.

"Dazu kommt, dass die EZB mit dem Ankauf von US-Papieren auch das Problem des teuren Euros beheben kann", erwartet Frankel. Zuletzt war die Gemeinschaftswährung relativ stark, gegen den US-Dollar steht der Euro bei 1,38. Und damit knapp acht Prozent höher als noch vor einem Jahr. Auch innerhalb der EZB hieß es zuletzt, dass man sich den Euro genau ansehen wird. Ein hoher Eurokurs könnte nämlich zu der hartnäckig niedrigen Inflationsrate beitragen, die zuletzt bei 0,7 Prozent lag. Das offizielle Ziel der EZB liegt bei nahe zwei Prozent. "Ein günstigerer Euro erleichtert es zudem Ländern wie Spanien oder Portugal, dass sie wieder wettbewerbsfähig werden", betont Frankel. (sulu, DER STANDARD, 27.3.2014)