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Juni 2009: US-Präsident Barack Obama erhält bei seinem Besuch auf der "Farm" von König Abdullah bei Riad Vorschusslorbeeren: den höchsten Orden, den das Königreich zu vergeben hat. 

Foto: AP/Herbert

Das waren noch Zeiten, als Barack Obama im Juni 2009 "den Platz, von dem der Islam seinen Ausgang nahm", wie er damals sagte, besuchte. Viel Hoffnung wurde in Riad und in der arabischen Welt auf den neuen US-Präsidenten gesetzt, der in seiner berühmten Rede in Kairo versprach, die Beziehungen völlig neu aufzubauen. Das US-saudische Verhältnis war belastet, nachdem George W. Bush allen arabischen Warnungen zum Trotz 2003 im Irak Saddam Hussein gestürzt und damit den Erzfeind des Iran beseitigt hatte. Dazu kam Bushs vermeintliches Desinteresse an einer israelisch-palästinensischen Lösung, und allgemein das, was die Araber als Kreuzzugmentalität empfanden.

Die würde Obama, der am Donnerstag wieder in Riad eintrifft, niemand nachsagen. Mit ihm haben die Saudis gewissermaßen das umgekehrte Problem: Als schwach und untätig wird er angesehen, als einer, der für einen Kompromiss seine alten Verbündeten im Stich lässt. Das hat Saudi-Arabien zum noch nie dagewesenen Schritt veranlasst, im vergangenen Jahr auf seinen mühsam errungenen Sitz im Uno-Sicherheitsrat zu verzichten.

Ägypten, Syrien, Iran

Der Obama-Besuch in Saudi-Arabien ist demnach im Rahmen eines Reparaturversuchs der Beziehungen zu sehen. Dass das wahhabitische Königreich für die USA jedoch an Bedeutung verliert - allein wegen der schwindenden US-Abhängigkeit vom nahöstlichen Öl -, ist unbestreitbar.

Die gravierendsten Probleme zwischen den Partnern kann man auf drei Ländernamen reduzieren: Ägypten, Syrien und Iran. In Kairo saß der erste nach saudischem Empfinden von den USA im Stich Gelassene: Hosni Mubarak. Als Washington den ägyptischen Präsidenten, Stütze der US-Sicherheitsarchitektur im Nahen Osten, bald nach Beginn der Proteste fallen ließ, nahm dies König Abdullah, ebenfalls enger strategischer US-Verbündeter, persönlich.

Muslimbrüder-Gefahr

Riad macht die USA auch zumindest indirekt für den Aufschwung der Muslimbrüder, die als Gefahr für die arabischen Golfmonarchien gesehen werden, verantwortlich. Im Juli 2013 unterstützte Riad den Sturz der chaotischen Präsidentschaft von Mohammed Morsi - und wieder versagte Obama in den saudischen Augen insofern, als er nicht auf die Gelegenheit der "Kurskorrektur" in Kairo aufsprang, sondern im Gegenteil Waffenlieferungen zurückhielt. Noch immer sind die Beziehungen zwischen Kairo und Washington kühl, seit der Inflation an Todesurteilen gegen Muslimbrüder - 529 an einem Tag - noch mehr.

Die neue Führung in Kairo hat einen bedeutenden Lobbyisten in den USA: Israel, das mit Saudi-Arabien auch in der Ansicht übereinstimmt, dass es eine gefährliche strategische Sünde ist, auf einen Ausgleich mit dem Iran zu setzen. Für die Saudis ist die offensichtliche Bereitschaft der USA, den Iranern ein, wenngleich reduziertes, Atomprogramm zu lassen, eine Parteinahme im Hegemonialkonflikt, in dem sie sich mit dem Iran am Golf sehen.

Die größte klaffende Wunde ist jedoch Syrien. Hier hat die saudische Führung Obama verübelt, dass er im vorigen Sommer fast erleichtert die Gelegenheit ergriff, den angedrohten Militärschlag gegen das Assad-Regime, dem mehrere Giftgaseinsätze zugeschrieben wurden, abzusagen. Die stattdessen durchgeführte Vernichtung der syrischen Chemiewaffen wurde auch noch zum PR-Erfolg für Assad, der im vierten Jahr des Aufstands fest im Sattel zu sitzen scheint.

Für eine Annäherung in der syrischen Frage wurde im Vorfeld des Obama-Besuchs am meisten diplomatische Energie verwendet: Die US-Befürchtungen, dass sich das afghanische Szenario der 1980er-Jahre wiederholen könnte - wo nach dem Abzug der Sowjets letztlich nur die von Saudi-Arabien und den USA finanzierten radikalen Jihadisten übrig blieben -, werden nun in Riad ernst genommen. Davon zeugt ein Dekret des Königs, das saudi-arabischen Bürgern den Jihad im Ausland bei hohen Strafen untersagt.

Auf beiden Seiten gab es Bewegung im Syrien-Team, wobei der laut Gerüchten ausgeschiedene Geheimdienstchef Prinz Bandar - er war wochenlang verschwunden - laut Al-Arabiya nun doch seinen Posten behalten soll. Die Amerikaner haben mit Daniel Rubenstein als Nachfolger von Robert Ford einen neuen Syrien-Beauftragten ernannt, der ein offeneres Ohr für saudische militärische Pläne in Syrien haben könnte. Washington hat auch erst kürzlich alle in den USA tätigen syrischen Diplomaten aufgefordert, das Land zu verlassen.

Korrektur der Syrien-Politik

Zur US-saudischen Annäherung in der Syrien-Frage trägt die Erfolglosigkeit der Genf-Verhandlungen zwischen syrischer Opposition und syrischem Regime bei: Riad kann darauf verweisen, dass es, obwohl es nichts von den Gesprächen hielt, diese nicht verhindert hat - was bei seinem Einfluss auf die syrische Opposition möglich gewesen wäre. Nun ist Washington offenbar seinerseits bereit, seine Politik nachzuschärfen, wozu auch die Einsicht beitragen mag, dass von Russland im Moment keinerlei Druck auf das Assad-Regime - und damit auch keine diplomatische Lösung - zu erwarten ist.

Die Saudis wiederum dürften von "ihrem" Mann an der syrischen Exiloppositionsspitze, Ahmad al-Jarba, enttäuscht sein: Er hat durch die misslungene Entmachtung des Militärchefs der Free Syrian Army, Salem Idriss, diese weiter geschwächt. Beide Seiten, Obama und der König, sitzen einander demnach am Freitag als Verlierer in der Syrien-Frage gegenüber. Vielleicht hilft das. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 27.3.2014)