Wien - Am Mittwoch hat der Nationalrat auf Antrag der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP den Bestellungsmodus für den ORF-Stiftungsrat geändert. Wie berichtet musste das ORF-Gesetz nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2011 zur Fax-Wahl repariert werden.

Sechs der 35 ORF-Stiftungsräte kommen laut Gesetz aus dem Publikumsrat. Neu ist, dass künftig die Mehrheit im Publikumsrat die sechs Stiftungsräte ohne jede Vorgabe entsenden kann. Bisher war zumindest je ein Vertreter der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften, der Hochschulen und der Kunst zu bestellen.

Die ORF-Redakteursvertreter wittern "machttechnischen Spielraum", den sich die Regierungsparteien verschafft hätten. Jetzt sei eine auf "reine Koalitions-Mehrheiten abgestellte Beschickung aus Regierungssicht abgesichert", heißt es in einer Aussendung.

Drei Viertel der Mandate in ORF-Gremien

Statt der von Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger versprochen Reform der ORF-Gremien mit einer Entpolitisierung sei mit dieser Gesetzesänderung das genaue Gegenteil passiert, so die Redakteursvertreter: "Die Parteien sind noch stärker in den Aufsichtsgremien vertreten, die Zivilgesellschaft hingegen noch weniger. Mit etwas über 50 Prozent der Stimmen bei der letzten Nationalratswahl sichern sich die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP drei Viertel der Mandate in den ORF-Gremien." 

Durch das neue Gesetz sei "der letzte Anschein einer ausdrücklich festgelegten Sachkompetenz - zumindest für Teilbereiche - im ORF-Stiftungsrat verloren". 

Kritik der Opposition

Neben den ORF-Journalisten hagelte es am Donnerstag auch Kritik seitens der Oppositionsparteien. Sie fordern eine Gremienreform, um die Unabhängigkeit des Senders zu stärken. NEOS-Mediensprecher Niko Alm ortet einen "Rückbau des ORF zum Proporzsender". Während in Deutschland der Einfluss des Staates auf den öffentlich-rechtlichen Sender zurückgedrängt werde, gehe der Trend in Österreich in die andere Richtung.

Eine "Entpolitisierung" des ORF fordert Team Stronach Mediensprecher Rouven Ertlschweiger. Der ORF gehöre "neu aufgesetzt und aus den Klauen der Parteisekretariate befreit". Ertlschweiger wünscht sich eine Verkleinerung des Stiftungsrats sowie eine Aufwertung des Publikumsrats.

Kritik kommt auch vom Österreichischen Journalisten Club (ÖJC). "Hier wollen altdenkende Politiker nicht auf ihre Macht verzichten. Der ORF gehört den Österreichern und keiner politischen Partei", kritisiert ÖJC-Präsident Fred Turnheim die Regierungsparteien. Für den ÖJC gehören alle Politiker, egal aus welcher Partei, raus aus den ORF Gremien. (red, derStandard.at, 27.3.2014)