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Office auf dem iPad: Ein wichtiger Schritt, der aber zu spät kommen könnte.

Foto: Reuters

Vier Jahre nachdem Apple mit dem ersten iPad die erfolgreiche Erschließung des Tablet-Markts eingeleitet hat, bringt Microsoft seine Office-Suite auf die Geräte des Konkurrenten. Betrachtungsfunktionen und die Abspielfunktion des Präsentationstools Powerpoint sind damit kostenlos verfügbar, Abonnenten des Cloud-Diensts Office 365 können Dokumente auch editieren. Office Mobile für das iPhone, das eingeschränkte Bearbeitungsmöglichkeiten bietet, ist außerdem nun "für den privaten Gebrauch" kostenlos erhältlich.

Erste Kritiken bescheinigen Microsoft, mit Office am iPad solide Arbeit abgeliefert zu haben. Doch die Ausweitung der Produktiv-Suite auf die Apple-Tablets könnte zu spät kommen. Der Konzern hat mit seiner Zögerlichkeit möglicherweise denselben Fehler gemacht wie seine eigenen Konkurrenten in den 1980er-Jahren – die damit den Erfolg von Office auf dem PC erst ermöglichten.

Die offenen Anfänge von Office

Office für das iPad, die erste größere Vorstellung des neuen Microsoft-CEO Satya Nadella, markiere eine Wende im Denken des Redmonder IT-Riesen, schreibt Nick Wingfield in der "New York Times". In der jüngsten Vergangenheit basierten viele Entscheidungen darauf, Windows zu schützen und nach alten Mustern zu verkaufen. Über zwei Jahrzehnte hinweg waren Windows und Office kaum zu trennen, die Sammlung aus Word, Excel und Co. ein Pflichtkauf für viele bei der Anschaffung eines neuen Rechners.

In seiner Frühzeit sei Microsoft dagegen offen für die Systeme seiner Konkurrenten gewesen, schildert Ryan Tate bei "Wired". Word 1.0 für den Macintosh erschien 1984, Excel ein Jahr später. Das "Office für Mac"-Paket existiert seit 1989 und ist damit älter als die Windows-Ausgabe.

Konkurrenz überließ Microsoft das Feld

Umgekehrt weigerten sich Unternehmen wie Lotus lange, ihre eigenen Lösung wie "Lotus 1-2-3" für Windows umzusetzen, um den Erfolg der jungen Plattform nicht anzukurbeln. Das eröffnete Microsoft die Möglichkeit, seine eigene Software als beinahe unumstrittenen Platzhirsch unter Windows zu etablieren.

Die Folgen des Protektionismus

Mit dem Aufkommen mobiler Endgeräte, insbesondere Tablets, verfiel der Konzern jedoch in ein ähnliches Muster. Office sollte weiter ein Zugpferd für Windows bleiben und bei der Vermarktung des Surface-Tablets helfen, das den späten Einstieg des Konzerns ins Tablet-Segment markierte – das mittlerweile von den iPads und Android-Tablets dominiert wird. Der Plan ging nicht auf, das Surface konnte bis heute kaum Marktanteile erobern, und Windows 8 vebreitet sich nach wie vor nur langsam.

Kurswechsel könnte zu spät kommen

Der Weg von Office von einer lokalen Lösung in die Cloud – jener Abteilung, die Satya Nadella vor Übernahme des Chefpostens leitete – markiert nun auch ein Umdenken. Microsoft scheint von seinem Windows-Protektionismus abzukehren und anzuerkennen, dass Ökosysteme und Dienstleistungen mehr in den Mittelpunkt rücken. Die technische Grundlage dafür – angeblich soll Apple große Teile seiner iCloud über Microsoft Azure betreiben – hat man jedenfalls.

Doch der an sich begrüßenswerte Schritt könnte zu spät gekommen sein. Einerseits wird auf Tablets immer noch kaum produktiv gearbeitet, sondern vor allem konsumiert – damit fehlt einer Office-Suite das Potenzial zu einer "Killer-App". Andererseits gibt es bereits mehrere Lösungen für iOS, darunter Apples eigene iWork-Lösung, die ebenfalls in einer Gratisausführung existiert. (Georg Pichler, derStandard.at, 28.3.2014)