Diese Woche wurde eine Analyse über Jungwähler und Jungwählerinnen bei der Nationalratswahl 2013 präsentiert und sofort ist die Jugend mit althergebrachten Vorurteilen konfrontiert. Ohne überhaupt mit jungen Menschen zu reden, gehen viele davon aus zu wissen, wie es um sie steht: Jugendliche wüssten zu wenig über Politik, interessierten sich nicht dafür und wären sowieso noch zu unreif, um wählen zu gehen. Soweit die Klischees.

Anscheinend überwiegt die Angst, wenn es um die Mitbestimmung junger Menschen geht. Die Ausweitung des Wahlalters auf 16- und 17-Jährige war 2007 allerdings ein wichtiger demokratiepolitischer Schritt, gerade wenn man sich die demographischen Entwicklungen anschaut.

Was hat die Wahlaltersenkung bis jetzt gezeigt?

Nach der Nationalratswahl 2008, bei der erstmals 16- und 17-Jährige wählen durften, wurde klar, dass mit Jugendlichen keine billigen Stimmen zu machen sind, vor allem für die Regierungsparteien. Die jungen Wähler und Wählerinnen gaben ihre Stimmen überdurchschnittlich oft den Oppositionsparteien, und zwar allen. Doch sogleich wurden Stimmen laut, Junge wählten sowieso nur die FPÖ, die Wahlaltersenkung sei daher ein Fehler.

Diese Argumentation verfälscht die Ergebnisse und geht in eine bedenkliche Richtung. Es mutet seltsam an, jungen Wähler und Wählerinnen das Stimmrecht entziehen zu wollen, nur weil sie nicht so wählen, wie viele es sich wünschen. Auch macht man es sich zu leicht, junge Menschen per se als politikverdrossen abzustempeln. Genauso wie beim Rest der Bevölkerung gibt es unter Jugendlichen mehr oder weniger politisch Interessierte. Aber im Gegensatz zu Älteren können junge Menschen sehr gut motiviert werden, wählen zu gehen.

Dies gelingt aber nur, wenn Politiker und Politikerinnen Jugendliche nicht nur kurzzeitig im Wahlkampf als Zielgruppe auf die Agenda setzen, sondern als gleichwertigen Teil der Gesellschaft berücksichtigen und in den politischen Alltag einbeziehen. Die Wahlaltersenkung alleine ist dafür zu wenig. Es ist weiterhin notwendig, jungen Menschen zu  zeigen, wie sie sich einbringen und mitgestalten können, auch abseits von Wahlen. Teilhabe passiert nicht von selbst, sondern muss erst ermöglicht werden.

Keine Angst vor Politischer Bildung

In der Politischen Bildung liegt viel Potenzial und Jugendliche wünschen sich ganz klar mehr davon. Ganz offensichtlich sind sie gegenüber Politik noch nicht so abgestumpft. Wo es Angebote gibt, sei es im schulischen oder außerschulischen Bereich, werden diese sehr gut angenommen und steigern nachweislich das politische Interesse.

Allerdings hängt es derzeit sehr vom Zufall ab, ob und wie man als junger Mensch Politische Bildung erfährt. Nach wie vor gibt es dafür kein eigenes Unterrichtsfach. Politische Bildung wird nur als Anhängsel anderer Fächer und je nach Schultyp in unterschiedlichem Ausmaß unterrichtet. Will man Politische Bildung ausbauen, brauchen auch die LehrerInnen das geeignete Werkzeug, ansonsten schrecken sie davor zurück. Das Thema braucht daher einen fixen Platz in der LehrerInnenausbildung.

Wie die Regierung es schaffen will, Politischer Bildung einen höheren Stellenwert einzuräumen, hat sie uns im Regierungsprogramm nicht genau verraten. Die vagen Formulierungen müssen jetzt mit Leben gefüllt werden. Denn die vorherrschenden Vorurteile und Ängste sind unbegründet. Was wir brauchen, ist die Bereitschaft, sich auf junge Menschen einzulassen. Denn sie sind sehr wohl interessiert an Politik und gestalten gerne mit - wenn man sie nur lässt. (Leserkommentar, Johanna Tradinik, derStandard.at, 28.3.2014)