On tour: In Vorarlberg warben die Chefs, Faymann und Spindelegger, für die Regierung..

Foto: Stiplosvsek

....in Oberösterreich die Minister Hundstorfer und Mitterlehner.

Foto: Stefanik

Lauterach/Linz - Keine Blasmusik, keine Trachtenkinder warten in Lauterach auf Kanzler und Vizekanzler. "Früher wär' da ein Auflauf gewesen", wundert sich Günter Schertler, Seniorchef der i+R-Gruppe, eines der führenden Vorarlberger Bauunternehmen. "Na ja", meint der frühere ÖVP-Gemeindepolitiker, "heute mag man die Politiker nicht mehr so gern."

Er selbst habe kein Problem mit den "zwei Helden", sagt Schertler, für die Unternehmer habe sich ja nichts zum Schlechten gewandelt. "Aber die Mitarbeiter, die haben es nicht leicht. Furchtbar, was die an Steuern zahlen müssen." Mit dem Senior warten vor dem innovativen Firmensitz - das Bürohaus ist ein international zertifiziertes Green Building - die beiden Co-Geschäftsführer Reinhard Schertler und Joachim Alge. Sie sind stolz, dass das Unternehmen für den Besuch ausgesucht wurde, Erwartungen haben sie keine.

Man hält Abstand

Zu den Wartenden gesellt sich Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Wie SPÖ-Chef Michael Ritsch hatte er keine Zeit, die Regierungsspitze vom Flugplatz abzuholen. Die Freude über den Besuch scheint sich in Grenzen zu halten. Bekanntlich sind ÖVP wie SPÖ in Vorarlberg regierungskritisch. Nächsten Mittwoch soll im Landtag ein Antrag auf einen Hypo-Untersuchungsausschuss von allen Parteien beschlossen werden.

Auftritt des Regierungspaares: Man bewundert das Gebäude, geht durchs Haus, schüttelt Hände. Schaut von der Dachterrasse über das Industriegebiet von Lauterach und Wolfurt und ist erfreut: Alles wächst.

Die Lohnnebenkosten müssen gesenkt werden, Bildung sollte Hauptthema der Regierung sein, Baunormen verteuern das Bauen und Wohnen - Juniorchef Reinhard Schertler nutzt die Gelegenheit für Kritik. Kanzler Werner Faymann will Anregungen mitnehmen, "was wir noch entwickeln sollen". Während sich die Regierungsspitze mit der Geschäftsleitung unterhält, versammeln sich die Mitarbeiter beim Buffet. Man hält Abstand.

Schließlich fassen sich die Regierungschefs ein Herz: Kanzler Faymann macht Smalltalk, Spindelegger ist offensiver: "Was wollt ihr von mir als Finanzminister wissen?", fragt er eine Gruppe junger Männer. "Hypo!", kommt die spontane Antwort. Warum ist die Kommunikation so schlecht, dauern Entscheidungen so lange, lehnt man einen Untersuchungsausschuss ab? Spindelegger erklärt, verteidigt. Fazit der Fragesteller: "Gescheiter sind wir nicht geworden, aber Respekt haben wir, dass er sich gestellt hat."

Ministerduo bei Rosenbauer

"Was? Zwei Minister kommen, wenn ich das gewusst hätte", hektisch fährt sich eine Dame aus einer Besuchergruppe mit einer Hand durch das Haar. Warum sich Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) zur Werksführung beim Feuerwehrausstatter Rosenbauer in Linz angemeldet haben, darauf hatte die Gruppe schnell eine Antwort parat: "Der Regierung brennt doch der Hut."

Und so gibt Mitterlehner später augenzwinkernd zu: "Beim Thema Hypo brauch' ma die Feuerwehr." Die Gruppe aus Pasching ist da bereits weg. Die Minister werden vom Vorstand begrüßt und kurz über die Eckdaten des Weltmarktführers in Feuerwehrtechnik informiert: Letztes Jahr erzielte das Unternehmen beim Auftragseingang mit 760,6 Millionen Euro seinen historischen Bestwert. Der Umsatz stieg um 14 Prozent auf 735 Millionen Euro.

Dennoch spricht Konzernchef Dieter Siegel von einem "Abflachen der Ertragskurve" und "einer schleichenden Verschlechterung der Standortqualität von Österreich". Die Minister sollten "eine wirtschaftsfreundlichere Gesinnung promoten". Konkret geht es um flexiblere Arbeitszeitmodelle und sinkende Lohnkosten, ansonsten setze sich die Entwicklung der "Deindustrialisierung" im Land weiter fort.

Die Minister geloben Besserung, wenngleich ohne eine Steuerreform bei den Lohnnebenkosten nichts zu machen sei, wie Hundstorfer auch zu Mittag beim Stammtisch mit Gründern und Unternehmern in einem Linzer Innenstadtlokal klarstellt. Und auch bei neuen Arbeitszeitmodellen brauche es "ein gewisses Augenmaß". Doch die Minister rechnen mit einem Erfolg der Regierung, getreu dem Motto ihrer Tour "Erfolg.Österreich". (Jutta Berger, Kerstin Scheller, DER STANDARD, 29.3.2014)