Angela Stief: einseitige Subventionen.

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Ein Skandal im Kunstsektor "privates Ausstellen" jagt den anderen. Innerhalb eines Jahres hat sich in Österreich deutlich gezeigt, wie instabil die Kooperationen zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Museum tatsächlich sind: Bawag, Generali und jetzt Essl müssen sich aufgrund von finanziellen Problemen neu orientieren. Bei der Bawag fiel das Wiener Kunstbudget dem Rotstift des Höllenhundes Cerberus in New York zum Opfer, die Sammlung der Generali Foundation wurde aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen zum Spielball der machtpolitischen Interessen ihrer Gründungsdirektorin, und die Familie Essl muss jetzt ihren Baumax retten.

Einmal mehr offenbaren sich nun die wirklichen Motive der geldgebenden Initiatoren, und mit dem hehren Anspruch - Herr Essl wiederholt schmerzlich oft seine moralische Haltung und marktkritische Position - scheint es nicht weit her zu sein.

Von linker Seite wurde seit langem vor Privatisierungen und den Mesalliancen der Kunst im Spannungsfeld von privaten und öffentlichen Interessen gewarnt, und Institutions- und Kapitalismuskritik waren die Lieblingsworte der Szene. Theoretisch. Praktisch waren die kritischsten Künstler mit sozialpolitischem Durchblick bei der Generali Foundation zu Hause und polierten das Image der wegen Immobiliengeschäften in Verruf geratenen Versicherungsgesellschaft auf Hochglanz. Bei der Bawag war es nicht viel besser, man konnte sich eines der größten Korruptionsskandale der Nation rühmen, und die wunderschönen Räumlichkeiten für die Kunst mit dem wahrscheinlich besten Ausstellungsprogramm der Stadt leistete man sich, um Freiheit und Unabhängigkeit der Kunst zu behaupten.

Was können wir daraus lernen? Und vor allem, wie steht es nun tatsächlich um den gesellschaftlichen Status der zeitgenössischen Kunst und der Kunstnation Österreich? Aktuell verdichtet sich der Eindruck, dass es nicht mehr Zeiten der Not und der großen Umwälzungen braucht, um zu erkennen, dass in unserer Kultur und in den kulturellen Angelegenheiten des Landes private Interessen stets den Vorrang vor denen der Allgemeinheit haben, was dem propagierten gesellschaftlichen Anspruch der Kunst diametral entgegensteht.

Wollen wir uns damit abfinden, dass die Kunst sich selbst immer am nächsten steht? Oder erstarkt trotz der Liberalitäts- und Autonomieversicherungen der Kunstszene wieder der Glaube an einen regulierenden Staat?

Wie auch immer. Was wir uns von den Verwaltern der öffentlichen Gelder erwarten müssen, ist Verantwortungsbewusstsein, Kompetenz im Umgang mit unserem Kulturgut, Transparenz und Kontrolle von denjenigen Direktoren, denen hohe Summen überantwortet werden und die in den letzten Jahren, wie die Fälle Seipel, Noever, Matt und Hartmann drastisch zeigten, Misswirtschaft in einem unverträglich hohen Maße betrieben.

Zudem werden die Archive größer und größer, das kulturelle Erbe wird an unterschiedlichen Häusern, die sich untereinander nicht verständigen und miteinander in Wettbewerb stehen, gehortet, und wichtige österreichische Künstler werden übersehen. Am schlimmsten ist, dass in Österreich relativ umfassende finanzielle Mittel vorhanden sind, die aber vor allem zur Selbstbeweihräucherung des zu einseitig subventionierten heimischen Kunstbetriebs und zur Bereicherung einzelner Personen in leitenden Funktionen dienen und nicht dafür eingesetzt werden, um einen dringend notwendigen internationalen Austausch in die Wege zu leiten.

Symptomatisch dafür ist die Besetzung der österreichischen Kulturforen mit Diplomaten. Das österreichische Kulturgut, dem man möglicherweise ein höheres Potenzial attestieren könnte, liegt überspitzt formuliert hinter verschlossenen Toren. Die simpelste Formel wäre die Hilfe zur Selbsthilfe. Eine Sammlungspolitik, die verstärkt evaluiert, übergreifend koordiniert, korrigiert und nachträglich selektiert und vor allem eine internationale Vernetzung betreibt, damit die Kunst unabhängig von den reichen Sammlern des Landes ist. Aus der Obsession und den Interessen des Einzelnen resultiert noch lange nicht auch nur der geringste Allgemeingültigkeitsanspruch. (Angela Stief, DER STANDARD, 29./30.3.2014)