Detroit - Dem Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) stehen schwere Zeiten bevor: Der einstmals größte Automobilkonzern der Welt weitete seine Rückrufaktion massiv aus. Dem US-Unternehmen droht eine Klagewelle und ein massiver Vertrauensverlust. GM beorderte am Freitag nochmals rund 1,6 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten zurück. Hintergrund sind unter anderem erneut defekte Zündschlösser.
Darüber hinaus könnte es wegen möglicher Mängel an einer Getriebekühler-Leitung zu Bränden kommen, begründete das Unternehmen den Schritt. Außerdem könnten Achsbrüche nicht ausgeschlossen werden. Betroffen sind Autos verschiedener Modellreihen. Erst im Februar hatte der in Detroit ansässige Konzern 1,6 Millionen Fahrzeuge wegen fehlerhafter Zündungen aus dem Verkehr gezogen. Auch wegen Airbag-Problemen hatte GM im März Autos zurückgerufen. Seit Jahresbeginn waren etwa 4,8 Millionen Pkws von den Aktionen betroffen.
Unfälle und Todesopfer
Am Dienstag und Mittwoch muss sich GM-Chefin Mary Barra vor dem Kongress verantworten. Dabei geht es um die Frage, was und seit wann sie von den Defekten an den Zündungen gewusst hat. GM-Ingenieure hatten schon vor 13 Jahren fehlerhafte Zündungen registriert. Seitdem sind bei dadurch verursachten Unfällen GM zufolge 13 Menschen ums Leben gekommen. Verbraucherschützer gehen von mehr als 300 Todesopfern aus. Bei den Autos kann die Zündung auch bei hohem Tempo unvermittelt in einen Modus springen, bei dem sich Motor und elektrische Systeme abschalten. Auch die Airbags funktionieren dann nicht mehr.
Die Ausweitung des Rückrufs folgt auf einen Reuters-Bericht, wonach immer noch Zündungssysteme der Firma Delphi Automotive mit derselben Teilenummer zu kaufen sind, wie sie in anderen zurückgerufenen Fahrzeugen verwendet wurden. GM hatte zwar nach 2007 die mangelhaften Zubehörteile umgeändert. Ihre Nummer blieb aber dieselbe, so dass es zu Verwechslungen kam.
Behörden ermitteln ebenfalls
Nach Toyota könnten Sicherheitsmängel bei seinen Autos auch GM teuer zu stehen kommen. In Kalifornien verklagte eine Frau den Konzern nach Angaben ihres Anwalts auf mindestens 350 Mio. Dollar (254,38 Mio. Euro) Schadenersatz. Sie wirft der Opel-Mutter vor, von den Problemen bereits 2001 gewusst zu haben und trotzdem noch Jahre danach Fahrzeuge mit dem Defekt hergestellt und vermarktet zu haben. Selbst nach der Insolvenz im Juli 2009 habe der Auto-Hersteller diese Praxis beibehalten. Daher könne er auch haftbar gemacht werden, sagte der Anwalt. Zudem erwägen Familienangehörige von zwei Todesopfern laut ihren Rechtsvertretern eine bereits vor Jahren getroffene Einigung mit GM anzufechten. Neben der Zivilklage ermitteln auch die Behörden gegen GM.
Als Vorbild für eine Einigung mit dem Ermittlern könnte ein Vergleich dienen, den Toyota vor kurzem geschlossen hatte. Die Japaner verpflichten sich darin dazu, 1,2 Mrd. Dollar Strafe zu zahlen - so viel wie noch kein Auto-Hersteller zuvor. Sie räumen zugleich ein, Kunden in den USA bei Mängeln getäuscht zu haben. General Motors hatte vor knapp zwei Wochen mitgeteilt, das Image-Debakel durch den Rückruf mit lückenloser Aufklärung und einem neuen Sicherheitschef in den Griff bekommen zu wollen. (APA/Reuters, 30.3.2014)