Vergleich der Aufsichtsgremien: ORF und ZDF

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Wien - "Weder Publikumsrat noch Stiftungsrat hätten auch nur die geringste Chance, den 'Staatsferne'-Test zu bestehen." Zu diesem Befund kommt Verfassungsrechtler Hans-Peter Lehofer in seinem Blog. Hintergrund, warum Lehofer die ORF-Gremien analysiert, ist ein Urteil des Deutschen Bundesverfassungsgerichts, das den ZDF-Gremien mangelnde Staatsferne attestiert.

Wie berichtet fordern die deutschen Höchstrichter eine Reparatur des Gesetzes. Wesentlich beschickt werden Fernseh- und Verwaltungsrat derzeit von deutschen Bundesländern und der Bundesregierung. Rund 44 Prozent der ZDF-Gremien sind staatlich oder staatsnah besetzt.

Unterschiedliche Rechtslagen

Die Rechtslage zwischen Österreich und Deutschland sei nur beschränkt vergleichbar, schreibt Lehofer über sein "Gedankenexperiment". Ein "Staatsferne"-Gebot, das die deutschen Höchstrichter sehen, gebe es in Österreich nicht. Was es aber gibt, ist ein "Unabhängigkeitsgebot". Es ist im Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks verankert.

Die deutschen Höchstrichter machen in ihrem Urteil Vorgaben, wie die "staatsferne" Bestellung der ZDF-Gremienmitglieder zu erfolgen hat. Es heißt etwa: "Regierungsmitglieder und sonstige Vertreterinnen und Vertreter der Exekutive dürfen auf die Auswahl und Bestellung der staatsfernen Mitglieder keinen bestimmenden Einfluss haben. [...]"

Stiftungsrat

Legt man diese Vorgaben dem österreichischen Rundfunk zugrunde, so wären 24 von 30 der nicht von den Belegschaftsvertretern gestellten ORF-Stiftungsräte "staatsnah" oder "nicht staatsfern" bestellt, so Lehofer. Dazu kommen noch die sechs Stiftungsratsmitglieder, die vom Publikumsrat kommen. Lehofer: "Alle 30 nicht vom Zentralbetriebsrat zu bestellenden Stiftungsratsmitglieder wären daher - legte man die Maßstäbe des deutschen Bundesverfassungsgerichts an - entweder 'staatsnah' oder 'nicht hinreichend staatsfern bestellt'."

Publikumsrat

Seziert man die Herkunft der ORF-Publikumsräte, so kommt Lehofer zu folgendem Ergebnis: Von den 31 Mitgliedern des Publikumsrats seien 6 als "staatsnah" und 17 als "nicht hinreichend staatsfern" zu klassifizieren. 

Eine Empfehlung, das ORF-Gesetz nach den Vorgaben des deutschen Bundesverfassungsgerichts zu gestalten, will der Verfassungsrechtler mit seinem "Gedankenexperiment" allerdings nicht geben. (red, derStandard.at, 31.3.2014)