Wien - Die Transplantation eines Organs geht für Patienten mit einer lebenslangen medikamentösen Behandlung einher. Diese Medikamente unterdrücken die Immunabwehr des Körpers, weil dieser sonst das implantierte Gewebe als Fremdkörper erkennen und abstoßen würde. Oft kommt es dabei zu beträchtlichen Nebenwirkungen. Forschungsteams der MedUni Wien verzeichnen nun erste Erfolge, wie auf immunsuppressive Medikamente verzichtet werden könnte: Durch eine Stammzelltransplantation könnte eventuell auch ohne vorherige massive Vorbehandlung eine immunologische Toleranz gegenüber dem Organ hergestellt werden. Die Forscher haben dafür in Experimenten an Mäusen positive Hinweise gesammelt, wie es am Montag in einer Aussendung der MedUni Wien und des AKH Wien hieß.

Die Arbeiten auf dem Gebiet der Transplantationsimmunologie zielen darauf ab, Wege zu finden, die bisher nach Organtransplantationen notwendige dauerhafte medikamentöse Unterdrückung der Abstoßungsreaktion unnötig zu machen. Die Arzneimittel dämpfen das Immunsystem - langfristig erhöht sich deshalb die Anfälligkeit der Patienten für Infektionen und Krebserkrankungen, es kann zu Diabetes, Bluthochdruck und Nierenschäden kommen. "Solche begleitenden Medikamente nicht mehr zu benötigen, würde die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten enorm steigern", erklärte der Transplantationsimmunologie Thomas Wekerle von der MedUni Wien.

Immunologische Toleranz

Aus dokumentierten Einzelfällen ergaben sich Hinweise darauf, wie eine Entwicklung solcher Strategien möglich sein könnte. So kann ein junger österreichischer Patient, nach einer Knochenmark- und anschließenden Nierentransplantation derzeit vollständig auf immunsuppressive Medikamente verzichten, berichten die Forscher.

Dieser Patient litt an einer Tumor-Erkrankung und erhielt im St. Anna Kinderspital eine Knochenmarktransplantation. Dadurch wurde das zuvor durch eine intensive Therapie beseitigte Immunsystem des Empfängers quasi ersetzt. Jahre später machte ein Nierenversagen eine Organtransplantation im AKH Wien notwendig. Der Kranke bekam eine Niere vom Spender des Knochenmarks. Damit stellte sich aber auch eine immunologische Toleranz gegenüber dem Spenderorgan ein, weil mit der Knochenmarktransplantation das Immunsystem des Empfängers nunmehr wie jenes des Spender reagierte. Eine medikamentöse Immunsuppression wurde damit unnötig.

Die Wiener Forscher versuchen, anhand dieses Falles neue Behandlungsstrategien zu entwickeln. Wekerle erklärte zu diesen Versuchen: "Unser Ziel ist es, Knochenmark zu transplantieren, ohne dass man den Empfänger vorher massiv vorbehandeln muss, wie es bei einer Knochenmarktransplantation zur Behandlung eines Tumors notwendig ist, wie bei dem beschriebenen Patienten. Erst dann wäre dieser Ansatz im klinischen Alltag der Organtransplantation einsetzbar."

Fächerübergreifendes "Transplantationsforum"

Untersuchungen an Mäusen haben gezeigt, dass eine derartige nicht-toxische Knochenmarktransplantation tatsächlich grundsätzlich möglich ist, berichten Forscher um Nina Pilat aktuell im Fachmagazin "Journal of Heart and Lung Transplantation". Pilat fand heraus, dass die Kombination einer Knochenmarktransplantation mit Verabreichung körpereigener regulatorischer T-Zellen sogar zu besseren Toleranzergebnissen führt als mit einer sonst üblichen vorhergehenden Bestrahlung des Körpers.

An der MedUni Wien bzw. am Wiener AKH arbeiten im "Transplantationsforum" Chirurgen, Hämatologen, Nephrologen, Blutgruppenserologen, Pathologen und Immunologen fächerübergreifend an Forschungsprojekten zusammen. (APA/red, derStandard.at, 31.3.2014)