Bild nicht mehr verfügbar.

Mahmud Abbas unterzeichnet den Antrag.

Foto: EPA/ATEF SAFADI EPA/ATEF SAFADI

Ramallah/Jerusalem/Brüssel - Fehlende Kompromissbereitschaft Israels und der Palästinenser hat die Nahost-Friedensgespräche in die tiefste Krise seit ihrem Beginn vor acht Monaten gestürzt. Die Palästinenser kündigten am Dienstag an, sich entgegen bisherigen Abmachungen bei ihrem Streben nach einem eigenen Staat wieder an die internationale Gemeinschaft zu wenden. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte am Dienstagabend, er habe bereits Dokumente zum Beitritt der Palästinenser zu 15 UN-Organisationen oder internationalen Verträgen unterzeichnet.

Kerry lässt Reise offen

US-Außenminister John Kerry ließ offen, ob er am Mittwoch wie angekündigt zu Friedensgesprächen nach Ramallah reisen werde. "Ich weiß nicht, ob ich fliegen werde. Wir müssen bestimmte Dinge hinsichtlich der Logistik an Ort und Stelle und der Frag, und was da möglich ist, klären", sagte er am Dienstagabend. Kerry warnte davor, die Friedensverhandlungen für tot zu erklären: "Es wäre völlig verfrüht, aus den heutigen Ereignissen irgendeinen Schluss darüber zu ziehen, wie die Dinge jetzt stehen."

Allerdings berichtete die "Washington Post", dass Kerry mit seinen Vermittlungstaktiken mittlerweile anstehe. Ein Mitarbeiter des US-Außenministerium sagte, dass Kerry mittlerweile alles getan habe, was ein Mediator tun könne. Die Freilassung von Jonathan Pollard, der für die Israelis als Spion gearbeitet hatte, sei nicht mehr auf dem Tisch, wenn Palästinenser und Israelis keinen deutlichen Schritt nach vorn machen würden.

Israel ließ Frist für Freilassungen verstreichen

Israel hatte am Dienstag ein von den Palästinensern gesetztes Ultimatum zur Freilassung der letzten Gruppe von 26 palästinensischen Langzeithäftlingen verstreichen lassen. "Die israelische Regierung sollte sich heute Abend versammeln, um über die vierte Phase der Häftlingsfreilassung zu entscheiden, aber sie hat das nicht getan", sagte Abbas.

Die Aufnahme in weitere 63 internationale Organisationen und der Beitritt zu Abkommen stehe den Palästinensern als von den UN anerkanntem Staat zu, so Abbas. Die UN-Vollversammlung hatte die Palästinenser im November als Beobachterstaat anerkannt. Er sei aber weiterhin zu Friedensgesprächen bereit, betonte der Palästinenserpräsident.

Noch keine israelische Reaktion

Mark Regev, Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, antwortete auf die Frage, ob die Regierung auf die Rede von Abbas reagiert habe, mit "Nein". Er wisse auch nicht, ob Netanyahu in Kürze vor die Öffentlichkeit treten werde.

Für die Ende Juli vergangenen Jahres begonnenen und auf neun Monate angelegten Friedensgespräche hatten sich die Palästinenser verpflichtet, keine Initiativen gegen Israel auf internationaler Ebene zu ergreifen. Im Gegenzug hatte Israel die Freilassung von 104 palästinensischen Häftlingen zugesagt. 78 Häftlinge kamen frei, aber die letzte Gruppe von 26 Palästinensern war von Israel nicht wie vereinbart Ende März freigelassen worden.

Noch kurz vor der Rede von Abbas war vorsichtige Hoffnung über einen Kompromiss aufgekommen. Nach einem Blitzbesuch Kerrys hatte ein mit den Verhandlungen vertrauter Repräsentant gesagt: "Eine Einigung ist im Entstehen begriffen." Die israelische Zeitung "Haaretz" zitierte einen hochrangigen israelischen Regierungsvertreter mit den Worten: "Wir warten auf die Antwort der Palästinenser." Die Positionen lagen aber weit auseinander.

Konflikt um Siedlungsstopp und inhaftierte Palästinenser

Der Kompromiss sah demnach vor, dass die Palästinenser sich mit einer Verlängerung der eigentlich Ende April endenden Friedensgespräche bis Anfang 2015 bereiterklären. Im Gegenzug sollte Israel die 26 Langzeithäftlinge und 400 weitere Palästinenser seiner Wahl freilassen. Zudem sollte der Siedlungsausbau im Westjordanland, nicht aber in Ostjerusalem gebremst werden. Die Palästinenser aber forderten die bedingungslose Freilassung der 26 Häftlinge sowie die Freilassung von mindestens 1.000 weiteren Häftlingen ihrer Wahl und einen völligen Siedlungsstopp.

Die USA würden zudem den seit mehr als 28 Jahren inhaftierten israelischen Spion Jonathan Pollard freilassen. Die Erfüllung dieser von Israel seit langem erhobenen Forderung sollte den Widerstand in der überwiegend rechtsgerichteten israelischen Regierung gegen die Freilassung von Palästinensern erleichtern. Präsident Barack Obama hat über die Freilassung aber noch nicht entschieden. (APA, 2.4.2014)