Dem Einsatz der "Privaten" in der neuen Schubhaft ging eine Schulung voraus. Beim Thema "Deeskalation" war das Interesse groß, berichtet die Trainerin, Psychotherapeutin Rotraud Perner.

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Vordernberg/Wien - Im neuen Schubhaftzentrum im steirischen Vordernberg werden auch private Sicherheitsleute der Firma G4S Rundgänge im Gefangenentrakt machen. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Grünen durch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hervor.

Diese lässt in dem Papier bei der Wahl der Begriffe Vorsicht walten: Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun und andere hatten von der Ministerin wissen wollen, ob die Securitys auch zu "Kontrollgängen" herangezogen würden. "Begehungen", antwortete Mikl-Leitner darauf, würden zusammen mit Exekutivbediensteten durchgeführt. Wörtlich: "Bei Bedarf grundsätzlich gemeinsam."

"Kontrollgänge" hingegen, so Mikl-Leitner, würden von der Polizei allein durchgeführt: nachts, zwischen 22 und sieben Uhr. "Insgesamt ist das Schönfärberei", kritisiert Korun: Die Ministerin versuche, den Argumenten der Volksanwaltschaft und von einer Reihe Rechtsexperten zu entgehen. Private würden in Vordernberg hoheitliche Aufgaben übernehmen, meinen diese.

Kritik im Prüfzwischenbericht

Volksanwalt Peter Fichtenbauer hatte im März in einem Prüfzwischenbericht darüber hinaus kritisiert, den Insassen des neuen Schubhaftzentrums fehle Rechtsschutz gegen Übergriffe privater Wachebediensteter. Derlei Zweifel vermag auch die vorliegende Anfragebeantwortung nicht ganz zu zerstreuen:

"Wie stellen Sie strukturell sicher, dass Beschwerden, die z. B. bei G4S-Mitarbeiter/-innen eingereicht werden und die G4S betreffen, tatsächlich an die Anstaltsleitung weitergeleitet werden?", wollten die Grünen wissen. Antwort darauf: "Durch den gemeinsamen Rundgang (Exekutive und G4S) nehmen im Allgemeinen beide Organisationen den Sachverhalt wahr bzw. fungieren als Ansprechpartner."

Hier werde von den "in einer Black-Box-Situation befindlichen" Schubhäftlingen verlangt, sich beim Verursacher von Problemen selbst zu beschweren, meint Korun: "Das ist, wie wenn man sich im Arbeitsleben über einen unfairen Chef nur beim Chef selber beklagen kann", vergleicht sie.

Wie G4S trainiert wurde

In der Anfrage hatte Korun darüber hinaus auch wissen wollen, wie das von G4S-Chef Matthias Wechner in Interviews geschilderte "intensive Ausbildungsprogramm" seiner Mitarbeiter für ihre neuen Aufgaben ausgesehen habe. In der Beantwortung wird ein 238 Stunden umfassendes Curriculum beschrieben, das sich über Themen wie Erste Hilfe, Brandschutz, Hygiene, Sicherheitstechnik, interne G4S-Ausbildung, "Simulation Echtbetrieb" bis hin zu "Konflikt-Deeskalation, Kommunikation" erstreckt.

Hinter der zuletzt genannten Ausbildungseinheit verbirgt sich die Supervisorin, Expertin für Gewaltprävention und Theologin Rotraud Perner, die von großem Zuspruch für ihr Eintagesseminar zu "Konflikt - Gewalt - Kommunikation - Deeskalation" im vergangenen Dezember in Vordernberg berichtet. 60 G4S-Leute seien angemeldet gewesen, mehr als 80 Personen hätten letztlich teilgenommen, "weil das auch eine Reihe Polizisten interessiert hat".

Dem Vernehmen nach stand für den gesamten Menschenrechte und psychologisches Know-how umfassenden Ausbildungsteil im Umfang von 36 Stunden genau eine Woche zur Verfügung. (Irene Brickner, DER STANDARD, 2.4.2014)