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"Es steht außer Zweifel, dass Österreich familienfreundlicher werden muss und Anstrengungen unternommen werden müssen", sagt Familienministerin Sophie Karmasin.

Foto: APA/ Georg Hochmuth

Wien - Österreich ist nicht besonders familienfreundlich, und die Österreicher bekommen zu wenige Kinder. Mit den Ursachen hierfür hat sich das "Generations & Gender Programme" auseinandergesetzt, das Familienministerin Sophie Karmasin mit den Autoren am Dienstagabend vorstellte. Sie setzt sich das Ziel, das Land familienfreundlicher zu machen.

Bei Familienfreundlichkeit hinten

Österreich liegt im Gegensatz zu skandinavischen Ländern bei allen Faktoren der Familienfreundlichkeit im hinteren Feld. Ebenso wie in Deutschland erwarte sich die Bevölkerung in Österreich durch Kinder lediglich eine minimale Verbesserung ihrer persönlichen Lebenszufriedenheit, sagte Norbert Neuwirth, Forscher am Österreichischen Institut für Familienforschung (ÖIF) der Universität Wien. Weiters erwarten sich die Österreicher wenig soziale Anerkennung, wenn man ein Kind bekommt, und eine deutliche Verschlechterung der Berufschancen für Frauen.

Nur 43 Prozent realisierten Kinderwunsch

Die Erhebungen für die Studie wurden an einem Sample von 3.000 Frauen und 2.000 Männern in den Jahren 2009 und 2013 durchgeführt. Dabei zeigte sich unter anderem, dass nur 43 Prozent der Befragten ihren 2009 geäußerten Kinderwunsch realisierten. Ebenso stellte sich heraus, dass bis Mitte 30 die Hälfte der Frauen ihren Kinderwunsch verwirklicht. Über 35-Jährige tun das meist nicht mehr.

Als Grund für unerfüllte Kinderwünsche ermittelten die Wissenschafter mehrere Faktoren, darunter die Uneinigkeit von Paaren, die ungleiche Verteilung der Kinderbetreuungstätigkeiten - 62 Prozent werden von der Mutter erledigt - und die Unsicherheit. Zwei Drittel der Paare waren sich bereits bei der ersten Befragung über ihre Pläne unsicher.

Platz nach oben

"Die Fertilität in Österreich hätte hinreichend Raum nach oben", sagte Maria Rita Testa vom Institut für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Tatsächlich habe sich ein Drittel der kinderlosen Frauen im Alter von 35 bis 39 Jahren im Jahr 2009 ein Kind gewünscht, so die stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe, Isabella Buber-Ennser. Nur weniger als ein Viertel von ihnen realisierte aber diesen Wunsch.

Der Kinderwunsch von über 35-Jährigen bleibe meist unverwirklicht, so Testa. Mütter bekommen außerdem eher Kinder, wenn sie mit der partnerschaftlichen Aufteilung der Kinderbetreuung zufrieden sind. Im Jahr 2012 war eine Frau bei der Geburt ihres Kindes durchschnittlich 30,2 Jahre alt, bei der Geburt des ersten Kindes waren es im Schnitt 28,7 Jahre.

Karmasin: Nicht nur Geldleistungen notwendig

Österreich biete Familien hohe Geldleistungen, Familienfreundlichkeit habe aber nicht nur mit finanziellen Leistungen zu tun, sondern auch mit dem gesellschaftlichen Klima, schloss Karmasin aus den Daten. "Es steht außer Zweifel, dass Österreich familienfreundlicher werden muss und Anstrengungen unternommen werden müssen", so die Ministerin. Sie verwies auf die Anhebung der Familienbeihilfe und den Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige.

Bonus für Väter in Kinderbetreuung

Notwendig sei auch die Bewusstseinsbildung, damit der Kinderwunsch nicht zu sehr auf später verschoben wird. Auch während der Studienzeit "über Kinder nachzudenken ist nicht schädlich", meinte Karmasin. Wünschenswert wären beispielsweise familienfreundliche Arbeitszeiten und eine höhere Männerbeteiligung an der unbezahlten Arbeit und der Kinderbetreuung. Hier verwies sie auf die geplante Arbeitsgruppe, die unter anderem einen Bonus für engagierte Väter diskutieren soll.

Sparkurs

Die Ministerin räumte allerdings ein, dass auch ihr Ressort zum Sparen angehalten sei. Sie strebe daher verstärkt Kooperationen mit Unternehmen an.

Firmen würden von familienbewusster Personalpolitik profitieren, sagte auch Wolfgang Mazal (ÖIF): "Wenn Betriebe das liegen lassen, handeln sie kaufmännisch fahrlässig." Die guten Werte bei der Familienfreundlichkeit in Skandinavien erklärt er mit der jahrzehntelangen Entwicklung in diesen Ländern. Diese Kultur lasse sich nicht von heute auf morgen hierzulande umsetzen. (APA, 2.4.2014)