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Laut Radiologen werden etwa um die Hälfte weniger Frühkarzinome entdeckt. Im Gesundheitsministerium wartet man noch auf Zahlen.

Foto: dpa-Zentralbild/Jan-Peter Kasper

Wien - Fast täglich schlagen die Radiologen Alarm: Das Brustkrebsfrüherkennungsprogramm funktioniere nicht. Diese Woche schrieb die Wiener Fachgruppe Radiologie einen offenen Brief an den Gesundheitsminister, wonach nur zehn Prozent der Frauen, die in den ersten drei Monaten dieses Jahres ein Einladungsschreiben zur Mammografie erhalten haben, dieses auch angenommen hätten. In dem offenen Brief steht auch, dass bis zu 50 Prozent weniger Untersuchungen stattfänden, was bedeute, dass nur halb so viele Frühkarzinome entdeckt würden wie im Vorjahr.

Verlässliche Daten im Juni

Im Büro von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) versichert man, "ein wachsames Auge auf die Zahlen" zu haben; verlässliche Daten würden aber erst im Juni vorliegen. Die Frauen hätten ja drei Monate Zeit, einer Einladung zu folgen und die ersten Schreiben seien am 5. Jänner verschickt worden - zum jetzigen Zeitpunkt sei es daher zu früh für eine Beurteilung. Erste stichprobenartige Zahlen vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger sähen aber positiv aus. Im Falle eines Rückgangs werde man jedenfalls mit einem Maßnahmenpaket nachjustieren.

Wie berichtet hat das Mammografie-Screening mit Jänner 2014 gestartet: Seither werden jeden Monat Frauen zur Mammografie per Post eingeladen. Mit dem Schreiben, das sie künftig alle zwei Jahre erhalten, können sie direkt zum Radiologen gehen.

Die Einladungen gehen an 45- bis 69-Jährige, wobei mit den ältesten Jahrgängen gestartet wurde. Zusätzlich können Frauen ab 40 beziehungsweise bis 74 eine Einladung anfordern. Beim Gesundheitsministerium betont man, dass mit dem Programm auch eine Qualitätsverbesserung einhergehe: So ist jeder Befund von zwei Radiologen zu interpretieren. Zudem wurden Qualitätsstandards für Ärzte und Geräte festgelegt.

Mehrere Player in der Kritik

Während Patientenanwalt Gerald Bachinger das Programm verteidigt und "Widerstände" mancher Ärzte wegen Machtverlusts sieht, wächst ebenso die Liste der Kritiker, die auf den Gesundheitsminister Druck machen: Unter anderem forderte Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) am Mittwoch Gegenmaßnahmen, "wenn die Zahlen weiterhin so dramatisch zurückgehen".

Am Montag hatte der Leiter der Radiologie am BKH Kufstein, Rudolf Knapp, gesagt, dass in Tirol seit der Umstellung um etwa ein Viertel weniger Frauen zur Mammografie gingen. Tirol wird deshalb die Option einer ärztlichen Vorsorgezuweisung vorerst beibehalten. In ganz Österreich kann ein Arzt weiterhin Frauen zur Mammografie überweisen, wenn er den Verdacht hat, es könnte etwas nicht stimmen.

"Maßnahmenplan zur Erhöhung der Teilnahmerate"

Nachjustiert wurde beim Vorsorgeprogramm bereits: Dem STANDARD liegt ein "Maßnahmenplan zur Erhöhung der Teilnahmerate" vor, der im Februar 2014 von einer Steuerungsgruppe aus Vertretern der Länder, des Bundes und der Sozialversicherung erstellt wurde; die Ärztekammer ist in dem Gremium beratend tätig. Als "mögliche Ursachen" für die von Radiologen gemeldeten Frequenzrückgänge werden da genannt: "Frauen werfen das Einladungsschreiben ungeöffnet weg"; die zunächst eingeladenen älteren Jahrgänge (1944/45) weisen "generell eine geringe Mammografierate" auf; Frauen reagierten zeitverzögert oder werden durch betreuende Ärzte verunsichert oder kennen das Programm noch nicht.

Inzwischen werden mit Logo bedruckte Kuverts ausgesandt. Jene Frauen, die noch ein weißes Kuvert erhielten, bekommen zusätzliche Erinnerungsschreiben zugeschickt. Durch beide Maßnahmen entstehen - laut Maßnahmenplan - pro betroffenen Monat insgesamt zusätzliche Kosten von rund 50.000 Euro. Zusätzlich wird die Einladung einzelner jüngerer Jahrgänge vorgezogen. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 3.4.2014)