Einst TV-Lieblings-Schwiegersohn, jetzt auch Rhetorik-Trainer Serge Falck.

Foto: Xiaosu Han

DER STANDARD: Sie verwenden bei Ihren Rhetorik- und Kommunikationstrainings keine Kamera. Warum nicht?
Falck: Das schenkt dem äußeren Auge viel zu viel Bedeutung.Wenn man sich dauernd Anweisungen folgend verstellt, dann kommt das unstimmig rüber. Dann spürt das Gegenüber, dass da etwas nicht stimmt.

DER STANDARD: Aber grad stehen, tief atmen und die Arme nicht verschränken sollte schon sein ...
Falck: Warum soll ich die Arme nicht verschränken? Ich habe doch ein Recht, das zu zeigen. Viele stehen ja heute da wie die Hampelmänner mit baumelnden Armen, weil sie „offen" sein wollen. Ich bin überzeugt, dass genau das Unperfekte berührt – man kann ja auch kein Feuer entfachen, das man selbst nicht in sich trägt. Wenn ich mich dauernd verstelle, dann geht nichts.

DER STANDARD: Offenbar hat die Aufmerksamkeitsökonomie aber ihr klares Regelwerk, das einstudiert werden will ...
Falck: Die Menschen vertrauen nicht mehr auf ihr G'spür. Das wurde abtrainiert, es soll ja jeder funktionieren, alles unter Kontrolle halten. So wird auch verlernt, die Gefühle anderer zu lesen.

DER STANDARD: Das wird mit Botox aber tatsächlich zunehmend schwerer ...
Falck: Ja, mit dem Imperativ, dass wir so leben müssen, dass wir ständig alle anderen austricksen, einen Vorteil gewinnen, ohne dass die anderen es rechtzeitig merken, weil wir ständig quasi auf Bauernfang aus sind und andere Menschen als „Ressource" betrachten, ist es natürlich auch so, dass damit gute Geschäfte möglich sind.

DER STANDARD: Ein Seitenhieb auf die Trainerkollegen?
Falck: Nein, ich sage ja nur, dass und wie ich es anders mache. Ich finde es schade, eigentlich unerträglich, dass eine Kultur herrscht, in der man „Sieger" sein will, statt sich zu bemühen, einen Gleichklang zu erringen.

DER STANDARD: Es mag ja auch Unsicherheit sein, die Menschen zu Trainern bringt, die sie lehren sollen, wie sie möglichst perfekt rüberkommen, oder?
Falck: Natürlich ist es für viele ungewohnt, das erste Mal die eigene Stimme aus einem Medium zu hören oder sich selbst in einem Medium zu sehen. Das ist etwas, an das man sich gewöhnen muss. Aber noch mal: Wenn ich mich zu sehr von außen betrachte, dann bin ich nicht bei mir, dann bin ich nicht authentisch. Und das kommt rüber: Da stimmt etwas nicht. Aber technisch betrachtet kann man sich schon gut weiterbilden zur Frage, wie was zu transportieren ist, damit es ankommt und wirkt – unbenommen.

DER STANDARD: Steigen Sie jetzt um ins Trainieren, weg vom Schauspiel?
Falck: Nein. Trainings mache ich nebenbei, das hat sich auf Anfrage entwickelt.

DER STANDARD: Die perfekte Rede?
Falck: Ist die, bei der ich nichts mehr weglassen kann. Selbst Wasserfall zu sein ist schlecht.

DER STANDARD: Einmal selber auf der Bühne – das ist aber schon Statussymbol des Dazugehörens in dieser Zeit für alle. Egal wie.
Falck: Das möchte ich relativieren. Kakerlaken zu fressen und sich Würmer irgendwo reinzustopfen – da ist doch jede Grenze der Würde gefallen.


Serge Falck (52) ist Schauspieler, Drehbuchautor, Übersetzer und Rhetoriktrainer. Er startet demnächst eine Impulsreihe zur Rhetorik am Wifi.