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Matthias Naske, der Chef des Konzerthauses, setzt auf musikalische Vielfalt.
Wien - Applaus ist selten bei Saisonpressekonferenzen, Konzerthaus-Chef Matthias Naske jedoch bekam ihn. Und tatsächlich glichen seine Ausführungen, auf der Bühne des Großen Saales abgehalten, mehr einer Präsentation, die mit diskreter Emphase auf Änderungen verwies, als einer gemütlichen Kundmachung von Plänen für die Saison 2014/15.
Der offensiv-optimistische Stil überrascht wenig. Naske muss zwar die unerquickliche Finanzsituation seines Hauses, das ein Kredit (6,4 Millionen Euro aus Zeiten der Hausrenovierung) belastet und das seit zu vielen Jahren mit unveränderten Subventionen lebt, so kommunizieren, dass die Dramatik der Lage evident wird. Gleichzeitig darf der Charme seines künstlerischen Angebots nicht durch eine Problemdiskussion pulverisiert werden.
"Das Programm soll und wird seinen Beitrag leisten, die Lage zu verbessern. Was wir machen, ist das Gegenteil von defensiv", erklärte Naske. "Dies kann sich natürlich als die schlechtere Strategie erweisen, aber ich glaube es eigentlich nicht." Ganz ausfinanziert sei das Programm mit seinen 500 Konzerten zwar nicht, "es ist aber ein kalkuliertes Risiko, alles andere wäre nicht mein Stil. Auf der anderen Seite brauchen wir die Schritte der Gebietskörperschaften. Wir bauen jetzt auf die Musik - die Politik wird folgen." Mittelfristig will Naske den Anteil der Subventionen am Konzerthaus-Budget von 13 auf bis zu 22 Prozent steigern.
"Das wäre immer noch nur die Hälfte jener Summe, die europäische Konzerthäuser durchschnittlich als Unterstützung bekommen. Politisch ist die Forderung im Moment wohl unrealistisch, trotzdem muss ich für sie kämpfen. Und es gibt Gesprächsbereitschaft. Die öffentliche Hand muss sich überlegen, was sie mit der Kultur in der Stadt macht. Wir haben 500.000 Besucher jährlich, das ist ein Zeichen, dass wir ein kultureller Nahversorger sind, der Vermittlungsarbeit auf höchstem Niveau leistet. Das muss etwas wert sein."
Vom neuen Präsidium (Christian Konrad ist Konzerthaus- Präsident) erhofft sich Naske neue Allianzen mit Politik und Wirtschaft. Er sei weiterhin "wild entschlossen, die Schulden von 6,4 Millionen Euro in meiner Amtsperiode abzubauen".
Grundsätzlich setzt Naske beim Programm auf Vielfalt, die durch vier Künstler symbolisiert wird: Dirigent Robin Ticciati gehört dazu wie auch Bariton Matthias Goerne, Jazzbassist Georg Breinschmid und Geigerin Patricia Kopatchinskaja. Verstärken will er die Zusammenarbeit mit den Wiener Symphonikern - auch mit einem neuen Format: Fridays@7 bringt Konzerte, die nur "70 bis 80 Minuten" dauern. Danach werden die Musiker im Garderobenfoyer musizierend "greifbar" werden. Am 21. November etwa wird Symphoniker-Chef Philippe Jordan mit Khatia Buniatishvili musizieren.
Viele Orchester
Natürlich kommen auch internationale Klangkörper wie das Cleveland Orchestra, das Mariinsky Orchestra oder das Tonhalle-Orchester Zürich zum Zug; und der Zyklus Meisterwerke präsentiert die Wiener Philharmoniker. Das RSO Wien (Naske: "Eines der Backbones des Konzertgeschehens dieser Stadt") ist auch zugegen, ebenso das Klangforum Wien und Gesangssolisten wie Jonas Kaufmann und Elina Garanca.
Für Naske wichtig ist die Einbindung der sozialen Wirklichkeit: Sie zeigt sich bei einem Konzert von Martin Grubinger, der als Gäste vier "Freerunner" begrüßt. Beim Zyklus Local Heroes werden u. a. die Sofa Surfers oder Koenigleopold im Berio-Saal gastieren. Auch kommt die Formation Kompost 3 ins Konzerthaus.
Verstärkt soll auch Literatur zu Zug kommen. Puschkins Eugen Onegin liest Peter Stein; im Originalton wird u. a. der jeweilige Bachmannpreisträger musikalisch umrahmt. Neu ist die Reihe Cinello für Ein- bis Dreijährige; neu auch der Plan, Musiker Bertl Mütter unter dem Motto "Schule des Staunens" vor, nach und in der Pause von Konzerten intervenieren zu lassen, etwa zweimal im Monat. Naske freut sich darauf, ohne genau zu wissen, wie Mütter da verfahren wird. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 4.4.2014)