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Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow (Mitte, mit Schirmmütze) bei einer Inspektion seiner Truppen auf dem Übungsgelände Desna, nordöstlich von Kiew.

Foto: APA/EPA/Andrey Sinitsyn

Auf die Ankündigung der Nato, in den osteuropäischen Mitgliedsländern an den Grenzen zu Ukraine und Russland wie auch in der Schwarzmeerregion nun in verstärktem Maße Übungen abzuhalten und Pläne für stärkere Truppenpräsenz zu erarbeiten, reagierte die russische Regierung am Donnerstag mit scharfer Kritik.

Mit einer Erhöhung der Präsenz verstoße das Bündnis gegen einen Kooperationsvertrag zwischen der Nato und Russland aus dem Jahr 1997, erklärte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Er habe entsprechende Fragen an die Nato gerichtet und verlange eine Antwort. Gleichzeitig wies er Kritik aus dem Bündnis an der Konzentration russischer Truppen an der Ostgrenze der Ukraine zurück.

Es bleibe Russland unbenommen, auf eigenem Territorium Übungen abzuhalten, sagte Lawrow laut Reuters und kündigte an, dass die Soldaten nach Abschluss der Übungen in ihre Kasernen zurückkehren würden. Er machte aber keine Angaben, wann und in welchem Ausmaß das erfolgen solle. Die fortgesetzte verbale Auseinandersetzung zwischen Moskau und Brüssel darüber geht seit den Beschlüssen des Nato-Rats in Brüssel am Dienstag.

Zusammenarbeit mit Russland auf Eis gelegt

Die Außenminister haben nicht nur die Ausarbeitung neuer Pläne für die Truppenpräsenz in den osteuropäischen Mitgliedsländern bei den Militärs in Auftrag gegeben. Sie legten gleichzeitig jede technische und militärische Zusammenarbeit mit Russland auf Eis - ausgenommen politische Gespräche im Nato-Russland-Rat, um einen Kanal offenzuhalten. Das Bündnis hat unterdessen auch konkret begonnen, in den wegen der Kriegsgefahr in der Ukraine zunehmend besorgten Partnerländern im Osten die Präsenz zu erhöhen.

Ein Brennpunkt ist dabei das Schwarze Meer. Die USA schicken weitere 175 Marinesoldaten auf eine Militärbasis bei Constanta an der rumänischen Schwarzmeerküste. Es handelt sich um eine Spezialeinheit für Kriseneinsätze, die nach Anschlägen auf das US-Konsulat in der libyschen Stadt Bengasi eingerichtet worden war. Insgesamt sollen bis zu 600 zusätzliche US-Soldaten in Rumänien stationiert werden. Ein Sprecher des Pentagons, des US-Verteidigungsministeriums, bestätigte indes, dass auch die Entsendung eines weiteren Kriegsschiffes ins Schwarze Meer vorgesehen sei - als direkte Konsequenz auf die Krise in der Ukraine. Es könnte an seit längerem geplanten Nato-Manövern teilnehmen.

EU-Außenministertreffen am Wochenende

Die Lage in der Ukraine, die Krise in der Region und weitere Unterstützungsmaßnahmen werden auch Hauptthema beim EU-Außenministertreffen an diesem Wochenende in Athen sein.

Wie berichtet soll noch vor dem Sommer ein Assoziationsabkommen mit Moldawien und Georgien über die Bühne gebracht werden. Ob dann auch das Ende November gescheiterte EU-Abkommen mit der Ukraine unterschrieben wird, ist noch offen. Die Außenminister werden darüber beraten; eine definitive Entscheidung dürfte es aber erst bei einem Ratstreffen im Juni geben - nach den für 25. Mai vorgesehenen Präsidentenwahlen in der Ukraine. An dem Tag finden auch die Europawahlen statt.

Außenminister Sebastian Kurz will den Partnern in Athen seinen Vier-Punkte-Plan für die Ukraine vorstellen. Kernstück dessen ist die bereits mehrfach vorgetragene und zuletzt auch von Bundeskanzler Werner Faymann beim EU-Gipfel am Rande erwähnte Idee, dass das Land sich als bündnisfrei oder neutral erklärt, auf eine Mitgliedschaft in EU und Nato zunächst freiwillig verzichtet, wie Die Presse berichtete.

Von solchen Beitritten ist in Brüssel derzeit aber ohnehin keine Rede, wo man sich ganz darauf konzentriert, Stabilisierungsmaßnahmen für die Regierung in Kiew zu erarbeiten und den Konflikt mit Russland zu entschärfen. (Thomas Mayer aus Athen, DER STANDARD, 4.4.2014)