Wien - Seit Donnerstag läuft die von Global 2000 veranstaltete Wiener Bienenschutzkonferenz "Meet the Bees" mit rund 250 Teilnehmern aus Österreich und dem Ausland. Schwerpunkt des ersten von zwei Tagen war das Teil-Verbot von Neonicotinoiden in der EU, deren Auswirkungen auf die Bienen sowie der Schaden, den die Varroamilbe an Bienenvölkern anrichtet.

Der niederländische Toxikologe Henk Tennekes warnte vor den Gefahren der "systemisch wirksamen" Neonicotinoide, diese hätten "Gemeinsamkeiten mit krebserzeugenden Chemikalien". Bei einer anschließenden Diskussion zum Thema "Biene als Leittier einer neuen Landwirtschaft" ging es dann darum, was bisher überhaupt bewiesen ist, wenn es um das Bienensterben geht. Safer sah ein dichtes Geflecht von Indizien für die "Neonic"-Gefahr: "Es ist mehr als eine statistische Korrelation." Tennekes kritisierte Entwicklung zu Monokulturen und lobte die österreichische Vorreiterrolle, die dieser Landwirtschaftsmethode entgegen trete.

Der Präsident der Europäischen Berufsimker, Walter Haefeker, berief sich auf das Vorsorgeprinzip. Man müsse handeln, bevor der endgültige Beweis für die Gefährlichkeit der "Neonics" kommt. "Es wäre Unsinn zu versuchen, einen einzigen Schuldigen ausfindig zu machen", da das Bienensterben ein multifaktorielles Problem sein. Man sollte die bereits vorhandenen Indizien nutzen, lautete seine Forderung. "Die Bienen sind nicht der einzige Indikator, es gibt andere Indikatoren wie das Niederwild", was wiederum die Notwendigkeit einer anderen Landwirtschaft aufzeige, so Haefeker. 

"Generelle Schieflage des Ökosystems"

Eine "generelle Schieflage des Ökosystems" wurde am zweiten Konferenztag bilanziert: "Honigbienen sind ein empfindlicher Bioindikator", sagte Global 2000-Biochemiker Helmut Burtscher. Neben dem Bienensterben und seinen Ursachen wurde so auch auf den Rückgang von insektenfressenden Vögeln hingewiesen.

Und es sind nicht die von der EU mit Teilverboten belegten Neonicotinoide allein, die das Leben der Bienen gefährden, "sie sind beteiligt oder spielen eine wichtige Rolle", fasste Burtscher den Inhalt der 14 Vorträge der Konferenz zusammen. Dringend notwendig ist für den Global 2000-Biochemiker die Offenlegung der in Verkehr gebrachten Pestizide - und zwar auf die einzelnen Wirkstoffe aufgeschlüsselt. Dies würde die von der Agrarchemie-Konzernen eingeforderte sachliche Diskussion auf jeden Fall erleichtern.

Deren Vertretung, die IG Pflanzenschutz, sah in einer Aussendung ein Umdenken bei Global 2000, da den Pflanzenschutzmitteln nicht alleinige Schuld an den Bienenverlusten gegeben wird und wies auf ihre eigenen Anstrengungen hin, um die Biene zu schützen, was durch das "Bienenmonitoring der AGES bestätigt wurde".

Die Verlustzahlen

Die Verluste für die rund 25.000 österreichischen Imker waren in den vergangenen Jahren jedenfalls immens, der Höhepunkt waren 26 Prozent in der Saison 2011/12, 17 Prozent waren es laut den Zahlen der Uni-Graz in der darauffolgenden Periode. Christian Boigenzahn vom Verein "Biene Österreich" nannte die Flächenbestäubung durch die rund 380.000 Bienenvölker "einen Beitrag für die biologische Vielfalt". Alleine der Wert der Bestäubung - rund 500 Millionen Euro im Jahr - ist für Boigenzahn ein Argument für den Bienenschutz. Der Wert ist nicht nur fiktiv, denn in Kanada werden Imker infolge des Rückgangs bereits für ihre Bienen von den Landwirten bezahlt.

Haefeker kritisierte die EU-Agrarpolitik, die "weder für Bienen noch für Landwirte funktioniert." Einen Gegensatz zwischen Bienenschutz und Agrarinteressen ließ Haefeker nicht gelten: "Wer auf eine bienenfreundliche Landwirtschaft setzt, setzt sich letztendlich für die Bauern und für die Konsumenten ein".

Monokulturelle "Agrarwüsten"

Die EU-Abgeordnete Karin Kadenbach (SPÖ) verteidigte das Teilverbot der Neonicotinoide in Zusammenhang mit dem zwischen der EU und den USA in Verhandlung stehenden Freihandelsabkommen TTIP. "Der Grundsatz des Vorsorgeprinzips regiert die EU-Lebensmittelpolitik - im Gegensatz zur USA." Kadenbach bezeichnete den Umstand, dass einige EU-Staaten die Teilverbote von Neonicotinoiden und Fipronil durch "Notfalls-Zulassungen" auf nationaler Ebene durchsetzen, als "Wettbewerbsverzerrung." Lob gab es hingegen für die österreichische Regierung, dies beim EU-weit verbotene Fipronil nicht getan zu haben.

Monokulturen wurden als weiterer Faktor genannt, die besonders für Wildbienen "Agrarwüsten" darstellen, die das Nahrungsangebot verknappen und einschränken. Burscher forderte daher für das österreichische Programm für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) - es soll in den kommenden Tagen nach Brüssel verabschiedet werden - eine gesetzliche Regelung der Fruchtfolgen, um so den Pestizidbedarf zu senken, wie auch ein umfassendes Neonicotinoid-Verbot, da noch einige Anwendungsformen erlaubt sind. (APA/red, derStandard.at, 4. 4. 2014)