Bild nicht mehr verfügbar.

Syrische Familien warten in Tripoli, im Norden des Libanon darauf, sich im UNHCR-Zentrum registrieren zu lassen.

Foto: AP/Hussein

Es sind erschreckende Zahlen aus dem syrischen Bürgerkrieg: Knapp zehn Millionen Menschen mussten infolge der anhaltenden Gewalt bereits ihr Zuhause verlassen, davon sind etwa sieben Millionen in Syrien selbst auf der Flucht, zwischen zwei und drei Millionen Syrerinnen und Syrer versuchen derzeit im Ausland Schutz zu suchen. Eine Million davon befinden sich nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) im kleinen Nachbarland Libanon - das selbst nur eine Gesamtbevölkerung von etwa vier Millionen aufweist.

Land mit meisten Flüchtlingen pro Einwohner

Die Bevölkerung des Libanon besteht mittlerweile fast zu einem Viertel aus syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen - die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen. Der Libanon wurde damit zum Land mit der größten Anzahl von Flüchtlingen pro Einwohner weltweilt. Täglich gelangen mehr als 2.500 Syrer und Syrerinnen über die Grenze, dazu kommen die etwa 500.000 palästinensischen Hilfesuchenden im Libanon. Das nur etwas mehr als 10.000 Quadratkilometer große Land hat die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit erreicht.

Für die Flüchtlinge gibt es kaum Unterstützung vom libanesischen Staat - offiziell sind keine Flüchtlingslager erlaubt, zu groß ist die Befürchtung, dass die Hilfesuchenden nach Beendigung des Bürgerkriegs nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren. Die meisten Flüchtlinge wohnen deshalb in improvisierten Zeltlagern oder Abbruchhäusern. Vielerorts drohen nun die sanitäre Versorgung und die Abfallentsorgung zusammenzubrechen. In ihrer Verzweiflung greifen die Flüchtlinge zu drastischen Mitteln: Vor dem UNHCR-Gebäude in der Stadt Tripoli im Norden des Landes hat sich eine Mutter von vier Kindern mit Benzin übergossen und angezündet, nachdem ihre Familie von der Liste der Hilfsempfänger gestrichen worden war. 70 Prozent ihrer Haut verbrannten.

Rassismus gegen Syrer

Die Flüchtlinge sind außerdem dem zunehmenden Rassismus vonseiten der einheimischen Bevölkerung ausgesetzt, geschürt durch die knappe Arbeitsmarktsituation im Libanon: Viele Libanesen haben ihre Jobs an Syrer verloren, die vermehrt für Niedrigstlöhne arbeiten, um ihr Überleben zu sichern. Vor einigen Monaten verlangte der Bürgermeister eines christlichen Vororts von Beirut, Nabil Hayek, Syrer und Syrerinnen sollten mit speziellen Ausweisen gekennzeichnet werden und sich an eine Ausgangssperre halten. Vor knapp einem Monat sprach sich der ehemalige Telekommunikationsminister Nicolas Sehnaoui dafür aus, die Flüchtlinge "zurück nach Syrien zu verschiffen".

Beim Tragen der Last so vieler Flüchtlinge bekommt der libanesische Staat kaum Hilfe aus dem Ausland: Von den erforderlichen rund 1,37 Milliarden Euro Hilfsgeldern für 2014 habe die internationale Gemeinschaft bislang erst knapp 15 Prozent aufgebracht. "Wir können das Land mit dieser Last nicht alleine lassen", warnte UNHCR-Hochkommissar Antonio Guterres. Dagegen scheint der Vergleich mit Österreich, das sich zuvor bereiterklärte, 500 syrische Flüchtlinge direkt aus Nachbarstaaten des Krisengebiets aufzunehmen, kaum erwähnenswert. (maa/derStandard.at, 4.4.2014)