Wien - Es war Schießübungsplatz der k.u.k. Armee, NS-Hinrichtungsstätte und später Mülldeponie. Das unbebaute Gelände in der Donaustadt zwischen Alter Donau und Donau, zwischen der Siedlung Bruckhaufen und der Wagramer Straße, wurde bis 1960 als städtischer Abfalleimer genutzt. Dann entschied die Stadtregierung, ein adrettes Naherholungsgebiet aus dem Brachland zu machen. Zu seiner Einweihung 1964 wurde der Donaupark mit der "Wiener Internationalen Gartenschau" geehrt.

Anlässlich der WIG 64 wurde inmitten des Geländes der Donauturm mit seinem Drehrestaurant als futuristische Versprechung einer Weltmetropole aufgezogen. Seine Spitze 252 Meter über dem Sockel macht ihn noch heute zum höchsten Bauwerk Österreichs. Wieder abgetragen wurden hingegen die Seebühne und der Sessellift, auf dem die Besucher den damals aktuellen Stand der österreichischen und internationalen Gartenbautechnik aus der Vogelperspektive begutachten konnten.

Der "Wundergarten" als Gegenentwurf zu den "Steinwüsten"

29 Nationen von Kanada bis Ceylon zeigten den 2,1 Millionen Gästen sorgsam arrangierte Blumenbeete und ebenso akribisch formierte Baumspaliere, Pavillons und Wasserflächen. Die Gartenschau sollte die Rolle der modernen Landschaftsarchitektur als Instrument der Stadtplanung in der Nachkriegszeit veranschaulichen – der 850.000 Quadratmeter große "Wundergarten" als Gegenentwurf zu den "Steinwüsten der Großstadt", wie es Bundespräsident Adolf Schärf in seiner Eröffnungsrede am 16. April 1964 ausdrückte.

Zu einer Zeit, als sich die Freizeit mehrte, aber Fernreisen noch Luxus blieben, brannte sich die Wiener Gartenschau ins kollektive Gedächtnis vieler Wiener ein: Mit dem ersten Auto fuhren sie zur Gartenschau, knipsten mit ihrer ersten Kamera Schnappschüsse. Einige davon sind auch in der am Mittwoch im Wien Museum öffnenden Ausstellung "Die grüne Nachkriegsmoderne" zu sehen.

Die Schau am Karlsplatz widmet sich mit Universalanspruch und gleichzeitiger Detailliebe der WIG 64, für die das "soziale Grün" zum Leitbegriff erhoben wurde, wie die Kuratoren schreiben. Gezeigt werden vielfältige Bilder der Inszenierung, für die ein ungeheurer Propagandaaufwand betrieben wurde – und die die Schattenseiten außer Acht ließ: dass auf denselben Grünflächen nur zwanzig Jahre zuvor Deserteure und Regimegegner erschossen wurden, oder für die Gartenschau etliche Bewohner zwangsumsiedelt wurden. Man wollte Gras drüber wachsen lassen. (Michael Matzenberger/Fabian Kretschmer, derStandard.at, 9.4.2014)

Eine Ansichtskarte anlässlich der WIG 64.

Foto: © Wien Museum

Zur Mobilität wurde auch eine Liliputbahn eingerichtet.

Foto: © Wien Museum

Ein Blumenmeer in der Donaustadt.

Foto: © Wien Museum

Die "Mondrakete" am Sparefroh-Spielplatz …

Foto: © Österreichisches Gartenbaumuseum

… und ähnliche Konstrukte bildeten bereits fünf Jahre vor der ersten bemannten Mondlandung das erste große Jahrzehnt der Raumfahrt ab.

Entwurf: Carl Auböck

Auch das Design der Beleuchtung orientierte sich mehr an der Zukunft denn an der Vergangenheit.

Entwurf: Carl Auböck

Der Donauturm als zentraler Orientierungspunkt.

Foto: © Wien Museum

Der Lesegarten vor dem der Sessellift.

Entwurf: Erich Ridky

Der offizielle Ausstellungsführer.

Der Donaupark mit dem 1983 errichteten Papstkreuz heute.

Foto: © Wien Museum / Klaus Pichler

Auch wenn in den vergangenen Jahrzehnten die Wiener Skyline neben ihm in die Höhe wuchs, …

Foto: © Wien Museum / Klaus Pichler

… blieb der Donaupark ein Treffpunkt für die Wiener und ihre Originale.

Foto: © Wien Museum / Klaus Pichler