Bild nicht mehr verfügbar.

"Für unseren Nichtraucherschutz müssen uns wirklich schämen", sagt Präventivmediziner Manfred Neuberger von der Med-Uni Wien.

 

Aktuelle Studien, die Österreich ein schlechtes Zeugnis ausstellen: 

Foto: dpa/Patrick Pleul

Österreich liegt auf dem letzten Platz im Ranking der Europäischen Krebsliga zum Nichtraucherschutz, das kürzlich veröffentlicht wurde. "Wir haben von 34 Ländern die schlechteste Tabakkontrolle. Im internationalen Vergleich müssen wir uns wirklich schämen", sagt Manfred Neuberger, Leiter der Abteilung für Allgemeine Präventivmedizin an der Med-Uni Wien, im Gespräch mit derStandard.at. Er war einer der lediglich drei österreichischen Teilnehmer an der 6. Europäischen Konferenz zum Einfluss von Tabakkonsum auf die Gesundheit, die in Istanbul stattfand.

Andere holen auf, Österreich nicht

Während etwa Ungarn seit dem Jahr 2010 von Platz 27 auf Platz elf im Ranking aufgestiegen ist, blieb Österreich auf dem letzten Platz (2010 noch ex aequo mit Griechenland, das mittlerweile aber deutlich besser abschneidet). Auch Spanien habe aus anfänglichen Fehlern gelernt und sei heute ein Musterbeispiel in Sachen Nichtraucherschutz. Dort kann man Zigaretten erst ab 18 Jahren und nur in lizenzierten und in ihrer Zahl begrenzten Geschäften kaufen. Beim Verkauf an Minderjährige drohen harte Strafen bis hin zum Entzug der Verkaufslizenz.

In Österreich sei das alles kein Thema, sagt Neuberger: "Selbst Osteuropa, oft in der Kritik, steht heute viel besser da als wir." Österreichs Politik sei "reaktionär" und würde immer nur "den Status quo verlängern". Zudem gebe es einen starken Einfluss der Tabakindustrie auf Wirtschaftskammer und Politik.

So hätten etwa Lobbyisten bei der Einführung des partiellen Rauchverbots im Jahr 2009 dafür gesorgt, dass es schlechte Durchführbestimmungen, viele Ausnahmen und eine praktisch unmögliche Überwachung gebe. Das Resultat sei katastrophal, so der Präventivmediziner: "Die Abtrennung funktioniert überhaupt nicht. In manchen sogenannten Nichtraucherräumen ist die Feinstaubbkonzentration doppelt so hoch wie in dichtem Autoverkehr."

Preissprung erforderlich

Vor kurzem wurden zwar die Tabaksteuern um 20 Cent pro Packung erhöht. Um den Nichtraucherschutz voranzubringen, wäre Neuberger zufolge aber mehr nötig als minimale Steuererhöhungen: "Zizerlweise Preissteigerungen sind zu wenig. Es muss einen großen Sprung bei den Preisen geben, der vor allem jugendlichen Rauchern wehtut." Eine solche Maßnahme müsse zudem Hand in Hand gehen mit Ausstiegshilfen insbesondere für Kinder und Jugendliche, die mit zweckgebundenen Beträgen aus den Mehreinnahmen bezahlt werden könnten.

In England sei dieses Modell höchst erfolgreich, sagt Neuberger. Nicht zuletzt würde man damit auch dem Gesundheitssystem enorme Summen sparen. Denn anders als oft dargestellt würden die Steuereinnahmen dadurch nicht weniger, sondern blieben auf gleichem Niveau. Es gebe dann zwar weniger Raucher, diese würden aber deutlich mehr in die Steuerkasse einzahlen, so Neuberger. Die Regierung solle deshalb den "Lügen der Lobbyisten" weniger Glauben schenken und sich in der Tabakpolitik lieber von Gesundheitsexperten beraten lassen, sagt der Mediziner.

Familienministerium "nicht zuständig"

Um auf das Problem aufmerksam zu machen, hatte Neubauer unter anderem bei der neuen Familienministerin Sophie Karmasin um ein Treffen angesucht. Er erhielt eine Absage; bezeichnenderweise aber nicht von ihr oder ihrem Ministerium, sondern aus dem Sekretariat von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Begründung: Das Familienministerium sei dafür nicht zuständig.

Noch im Jahr 2011 hatte Karmasin infolge einer Meinungsumfrage ihres früheren Instituts, bei der 54 Prozent der Teilnehmer für ein generelles Rauchverbot plädierten, sich dafür ausgesprochen, "nicht alle Probleme auf die österreichische Art zu lösen, sondern klare und effiziente Entscheidungen zu treffen". (Florian Bayer, derStandard.at, 10.4.2014)