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Mit den Wandergesellen in ihrer typischen Kleidung hat das Erasmus-Programm für Jungunternehmer nur am Rande zu tun.
Wien - Nicht immer läuft alles nach Plan. Goran Nikolasevic würde gerne länger in Wien bleiben, doch dem kroatischen Jungunternehmer wurden nur drei Monate genehmigt. Unterstützt wird sein Aufenthalt im Rahmen des Programms Erasmus für Jungunternehmer der EU. Wie Erasmus-Studenten können auch Entrepreneure im Ausland Erfahrungen sammeln und Kontakte knüpfen. Wer auf die Walz geht, lernt für Beruf und Leben.
Die Wiener Unternehmensberaterin Silvia Payer empfängt seit Jahren Erasmus-Schützlinge. Mit ihrer Firma co.systems ist sie seit 15 Jahren selbstständig. Mitte Februar kam Payers fünfter Austauschjungunternehmer, wobei Jungunternehmer keine Frage des Alters ist: Nikolasevic ist 49.
Die Vermittlung zwischen reiselustigen Jung- und Gastunternehmern läuft über eine Internet-Plattform, die Betreuung in den Herkunftsländern über sogenannte Intermediäre. In Österreich gibt es deren fünf.
Die Austauschunternehmer erhalten einen monatlichen Betrag - ähnlich den Stipendien für Erasmus-Studenten. Die Höhe des Zuschusses richtet sich nach den Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Gastländern. Voraussetzung für die aufnehmenden Unternehmen ist, dass sie mindestens seit drei Jahren im Geschäft sein müssen.
Nikolasevic ist eigentlich im IT-Bereich tätig, aber auch Erfinder. Sein Businessplan ist daher, Erfinder und die Wirtschaft zusammenzubringen. Denn: "Die meisten Erfinder sind nicht an der Kommerzialisierung ihrer Erfindungen interessiert", erklärt Nikolasevic. Deswegen würden viele gute Ideen den Weg aus den Schreibtischschubladen in die Welt hinaus nie finden.
Die zündende Idee
In seiner Schublade hatte auch Nikolasevic schon seit 2006 eine solche Idee. Dentamete - die Zahnpasta in Tablettenform. Drei Jahre lang hat er um die 60.000 Euro in die Entwicklung der Tabletten gesteckt. Immer wieder hat er probiert, wie aus Zahnpasta aus der Tube Zahnpasta in der Pille werden kann, die sich mit Speichel auflöst. Seine Rezepte und Herstellungsanweisungen hat er immer wieder an Firmen geschickt, die sie in ihren Laboren gegen Bezahlung getestet haben. Der 26. Versuch war schließlich erfolgreich.
Stefan Köppl verdankt seine Walz dem Zufall. Vor einigen Jahren ging er nach Portugal. Eigentlich wollte der Oberösterreicher dort studieren, doch dann lernte er nicht nur seine zukünftige Frau kennen, sondern auch jenen Unternehmer, der zu seinem Mentor werden sollte.
Köppls Gastunternehmer ist selbst ein Österreicher, der sich einige Jahre zuvor in Portugal mit einem Start-up selbstständig gemacht hatte. Ein halbes Jahr lang war Köppl Austauschunternehmer. Gelernt habe er, wie er sich in Portugal zurechtfindet, wie man zu Finanzierungen oder Förderungen kommt, und vor allem hat Köppl die dafür nötigen Kontakte geknüpft.
Nach dem Austausch hat er mit einem portugiesischen Partner sein eigenes Unternehmen gegründet: Indiecampers bietet umgebaute Busse für Individualtouristen in Portugal an - mit allem, was man für einen Küstenurlaub braucht: Surfbrett, Bett und GPS. Seit Februar 2013 existiert die Firma. Das Geschäft läuft gut, die Buchungslage sei "unglaublich", sagt Köppl. Derzeit können Touristen sechs Busse als Surfer-Basisstation mieten.
Nikolasevic und Payer sind mittlerweile dabei, dem Produkt Dentamete auf die Beine zu helfen. Derzeit suchen sie ein Unternehmen, das es produzieren will. Noch wichtiger sei aber eine Distributionsschiene, glauben die beiden. Anwendung finden könnte die Tablettenzahnpasta zum Beispiel in Gebieten, in denen sauberes Wasser schwer zu finden ist. "Auch bei Langstreckenflügen oder im Hotel könnte man Einwegzahnbürsten mit den Tabletten zur Verfügung stellen", sagt Nikolasevic.
Ein Chemiker ist Nikolasevic übrigens nicht. Im Zuge einer pyrotechnischen Ausbildung hat er ein wenig Chemie gelernt. Der Rest sei eine Idee gewesen, eine "impulsive Idee", wie er meint. "Ich habe mir gedacht: Ja, das könnte man machen." (Daniela Rom, DER STANDARD, 11.4.2014)