Washington - Die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der Ukraine-Krise und der niedrigen Inflation in der Eurozone sorgt für Diskussionen zwischen Finanzministern und Notenbankchefs aus aller Welt. Mit ihrem Treffen bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank suchen die 188 Mitgliedsländer von diesem Freitag an nach Lösungengegen die aktuellen Konjunktur-Bedrohungen.

Dazu zählen ebenfalls die Turbulenzen an den Finanzmärkten aufstrebenderLänder während der letzten Monate. Am Donnerstagabend sprachen die Vertreter der führenden Industrieländer (G-7) über die Ukraine-Krise. Russland war jüngst aus der Gruppe ausgeschlossen worden, die bis dahin als G-8 firmierte. Neben Maßnahmen zur Stabilisierung der Ukraine könnten nach einem Bericht des "Wall Street Journals" auch weitere Sanktionen gegen Moskau erörtert werden. Auf solche stimmte US-Präsident Barack Obama die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei einem Telefongespräch in der Nacht auf Freitag ein. Strafmaßnahmen von EU und USA solle es geben, wenn es zu einer weiteren Eskalation durch Russland komme, hieß es aus dem Weißen Haus.

Unmittelbar an die G-7-Konferenz in Washington schloss sich ein Treffen derFinanzminister der G-20 an. Darin sind neben den großen Industriestaatendie wichtigsten Schwellenländer vertreten. Auch Russland ist Mitglied der G-20. Formelle Beschlüsse zur Ukraine werden von den Treffen von G-7, G-20 und IWF nicht erwartet.

Hilfspaket an die Ukraine

Laut IWF-Chefin Christine Lagarde entscheidet der Exekutivrat Ende April oder Anfang Mai über das Hilfspaket an die Ukraine. Der angepeilte Kredit liegt zwischen 14 und 18 Milliarden Dollar (10 bis 13 Mrd. Euro). Weltbankchef Jim Yong Kim bekräftigte, seine Organisation wolle rund 3,5 Milliarden Dollar bereitstellen. Dem TV-Sender Euronews sagte Lagarde, dass von der Krise betroffene Länder ihre Energiepolitik überdenken sollten. Ukraines Finanzminister Alexander Schlapak sagte, sein Land habe alle Bedingungen des IWF für die Auszahlung der ersten Tranche erfüllt. Diese werde nicht dazu genutzt, um Schulden bei Russland zu begleichen.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Donnerstag vor Problemen beim Gastransit durch die Ukraine gewarnt, weil das Land ausständige Gasrechnungen über 2,2 Milliarden US-Dollar habe.

In der Diskussion über den schwachen Preisauftrieb in der Eurozone, der laut IWF die wirtschaftliche Erholung gefährdet, rief Lagarde die Europäische Zentralbank (EZB) erneut zu raschen Gegenmaßnahmen auf. Dabei gelte: "Je schneller, desto besser". Man sei "ermutigt" von jüngstenAussagen des EZB-Rates, notfalls auch unkonventionelle Mittel einzusetzen. Der IWF befürchtet, dass der Währungsraum sogar in eine Phase mit auf breiter Front fallenden Preise abgleiten könnte. DerartigeDeflationsrisiken sieht die Zentralbank nicht.

Sorgen bereiten dem IWF auch weiterhin die drohenden Kapitalprobleme in denSchwellen- und Entwicklungsländern. Sie müssten sich davor wappnen, dass Investoren ihr Geld abzögen. Ein wesentlicher Grund sei die allmähliche Straffung der Geldpolitik der US-Zentralbank. Laut EZB-Vizepräsident Vitor Constancio ist die Schwächephase in Ländern wie Brasilien, Russland, Indien und China derzeit das größte Risiko für die Eurozone, deren Erholung weitgehend exportgetrieben sei.

Lagarde vs. USA

Zur Sprache kommt auch die von der USA blockierte Stimmrechtsreform und Kapitalaufstockung des IWF, die 2010 beschlossen worden war. Ursprünglich sollte die Neuverteilung der Macht mit mehr Einfluss von Schwellenländern wie China und Indien bereits im Herbst 2012 abgeschlossen sein. Dies scheiterte an den USA, die größter IWF-Anteilseigner sind. Bisher hat der US-Kongress nicht zugestimmt.

Christine Lagarde hat im Vorfeld der Tagung die anhaltende Blockade der Reform der Organisation durch die USA beklagt. Wegen der Differenzen zwischen Demokraten und Republikanern im US-Kongress habe Washington die 2010 beschlossene Reform bis heute nicht ratifiziert, sagte Lagarde am Donnerstag.

Der auf Eis liegende IWF-Umbau sei gewissermaßen ein "Kollateralschaden" des Dauerstreits der politischen Lager in den Vereinigten Staaten. Die Reform soll den aufstrebenden Schwellenländern über eine Neuverteilung der Stimmrechte mehr Einfluss im IWF geben. Außerdem soll die finanzielle Feuerkraft der Organisation erhöht werden, um vor der Pleite stehenden Staaten unter die Arme zu greifen. Die Republikaner im Kongress sperren sich allerdings beharrlich dagegen, Washingtons Anteil an der geplanten Kapitalaufstockung des Währungsfonds mitzutragen. (APA/dpa, 11.4.2014)