Grünen-Gemeinderat Christoph Chorherr hat im Herbst einen Wettbewerb für temporäre Studentenwohnheime in Wien angeregt. Nun stehen die Sieger fest: Zumindest zwei der vier ungewöhnlichen Bauten sollen ab Herbst 2015 in der Seestadt Aspern stehen - und irgendwann weiterziehen

Temporär liegt im Trend: Nach Pop-up-Stores in Containern und leerstehenden Geschäftsflächen kommt das Konzept nun auch beim Wohnen in Wien an. Geht es nach dem Grünen-Gemeinderat Christoph Chorherr, leben ab Herbst 2015 rund 80 Studierende in zwei temporären Wohnheimen in der Seestadt Aspern.

Die Projekte, die hier realisiert werden, sollen mit nicht mehr als 300 Euro Miete pro Zimmer und Errichtungskosten von höchstens 35.000 Euro pro Heimplatz nicht nur kostengünstig sein, sondern auch hohen ökologischen Standards gerecht werden. Außerdem müssen sie jederzeit ab- und anderswo wieder aufbaubar sein. Das klingt eigentlich fast schon zu gut, um wahr zu sein: "Wir haben eine eierlegende Wollmilchsau angestrebt", räumt Chorherr ein. "Und das haben wir teilweise auch fast erreicht."

Bild: Wohngemeinschaften in Holzbauweise von Team GreenFlexStudios

Visualisierung: Architekten

Dafür startete er Anfang Dezember gemeinsam mit Kooperationspartnern (siehe "Hintergrund", letztes Bild) einen offenen Architekturwettbewerb. Aus den 45 eingereichten Projekten kürte eine Jury unter Vorsitz von Architekt Much Untertrifaller nun vier Siegerprojekte. Diese wurden vorgestern, Donnerstag, im Veranstaltungsraum "Fabrik" in der Seestadt präsentiert - ein passender Rahmen: Der einfache Holzbau ist einem Container nämlich nicht ganz unähnlich.

Einen Steinwurf entfernt liegt das für die Projekte vorgesehene 3500 Quadratmeter große Grundstück J11, das laut Kooperationspartner Wien 3420 Aspern Development AG erst in einigen Jahren verwertet werden soll. Wenn es dann so weit ist, so Chorherr, "kommt der Lkw" und baut das temporäre Studentenheim ab, um es andernorts wieder aufzustellen - und das mehrmals über dessen anberaumte Lebensdauer von circa 40 Jahren. Grundsätzlich seien dafür Grundstücke aus dem "Nahbereich der öffentlichen Hand" angedacht, die erst in einigen Jahren bebaut werden sollen. Andere Standorte außerhalb der Seestadt wollte er zwar nicht nennen. Interessenten gebe es aber bereits.

Bild: Häuser mit kleinen Wohngemeinschaften von franz und elk

Visualisierung: Architekten

Viel Holz und Gemeinschaft

Auffallend an den Siegerprojekten sind ungewöhnliche Kooperationen zwischen Architekten und Fertighausunternehmen. Der Gestaltungsspielraum ist trotz strenger Vorgaben enorm, wie ein Blick auf die ausgestellten Projekte beweist: Die meisten Teams entschieden sich zwar für das Material Holz, doch unter den Top vier gibt es auch einen Entwurf, der aus Schiffscontainern besteht, erzählt Jurymitglied und Architekt Georg Reinberg. "Einiges an Qualität" sei jedoch verlorengegangen, denn jene Projekte, bei denen die geplanten Kosten zu hoch waren, seien ausgeschieden.

Gemeinschaft ist bei Studentenheimen immer ein wichtiges Thema. Dieses wurde in vielen Fällen spannend gelöst - so etwa beim Projekt des Wiener Architekturbüros franz, wo in vier Häusern aus Holzfertigteilen kleine Wohngemeinschaften leben und damit "gegen die Isolation arbeiten" sollen, so Chorherr. Was die nächsten Schritte betrifft, sollte es nun möglichst "zügig gehen", wünscht sich der Politiker. Nach Ostern starten die Gespräche mit den Verantwortlichen der Siegerprojekte. Welche dieser vier Entwürfe künftig umgesetzt werden, ist derzeit also noch offen.

Bild: Übereinandergestapelte Schiffscontainer von Sigrid Hintersteininger Architects

Visualisierung: Architekten

Keine Konkurrenz

Ideen für innovative studentische Wohnformen haben auch andere: Vor kurzem war zum Beispiel ein Investor in den Medien, der in Berlin ein - nicht auf Wanderschaft gehendes - Containerheim errichtete und sich auch für Wien interessieren soll. Die Konkurrenz fürchtet Chorherr jedoch nicht. Sein Projekt unterscheide sich nämlich dadurch, "dass es von Anfang an so konzipiert ist, dass es übersiedeln kann". (Franziska Zoidl, derStandard.at, 11.4.2014)

Bild: Wohneinheiten aus Holz mit Stadtdschungel im Grundstücksinneren von Strolz-Fussenegger

Hintergrund: Der Wettbewerb

Der offene, einstufige, anonyme Realisierungswettbewerb für temporäre Studentenwohnheime wurde im Dezember von Grünen-Gemeinderat Christoph Chorherr initiert. Kooperationspartner sind die Wohnbauvereinigung für Privatangestellte (WBV-GPA), die OeAD Wohnraumverwaltungs GmbH, home4students - Österreichische STudentenförderungsstiftung und die Wien 3420 Aspern Development AG.

45 Projekte wurden eingereicht, eine Jury hat daraus vier Gewinner ausgewählt. Sämtliche Projekte sind noch bis 4. Mai in der "Fabrik Publik" in der Seestadt Aspern (Seestadtstraße 27) ausgestellt (Öffnungszeiten).

Visualisierung: Architekten