Der Solartechniker Dieter Beyer ist Teilzeiteinsiedler und wohnt in völliger Abgeschiedenheit im Pielachtal im Mostviertel. Wojciech Czaja besuchte ihn in seinem bunten Wohncontainer, wo er ohne Strom und Gas lebt.

"Es ist alles ein Zufall, oder gottbestimmtes Schicksal – je nachdem, wie man's nimmt. Denn eigentlich hatte ich niemals vor, so zu wohnen, doch dann hat das eine zum anderen geführt, und nun bin ich hier, im tiefsten Niederösterreich, irgendwo an der schönen Pielach, die wenige Meter neben meinem Container vorbeifließt. Gefunden habe ich das Grundstück 2012, irgendwann mal in der Nacht, so zwischendurch beim Surfen: 1600 Quadratmeter, attraktiver Preis, und mittendrin ein altes, fast schon marodes Haus aus den Dreißigerjahren. Der Rest stand damals noch in den Sternen.

"Ich arbeite viel, und hier, fernab von Mensch und Lärm, kann ich so richtig zur Ruhe kommen." Dieter Beyer vor seinem handbemalten Wohnkunstwerk.
Foto: Lisi Specht

Bei einem abendlichen Schlender-Spaziergang durch St. Pölten bin ich dann ein paar Wochen später auf eine Anzeige in der Auslage einer Immobilienkanzlei gestoßen: Da wurde dieser wunderschöne, handbemalte Container, eine ehemalige Bar, die früher mal an der Donau stand, um 10.000 Euro zum Verkauf angeboten. Und noch dazu inklusive Betriebskonzession! Was soll ich sagen? Ich musste einfach zuschlagen.

Da bin ich also, mitten im tiefsten Niederösterreich, und wohne in diesem Container – wobei Wohnen nicht so ganz zutrifft, denn eigentlich wohne ich derzeit noch in einer Sechser-WG in St. Pölten und übernachte nur sporadisch hier, denn es ist noch allerhand zu tun. Bis Ende des Jahres sollte das Gröbste unter Dach und Fach sein. Ich bin bereits hart am Checken und Umbauen.

Im Grunde genommen handelt es sich um einen ganz normalen 40-Fuß-Seecontainer. So ein Container ist 12,19 Meter lang, 2,44 Meter breit und 2,59 Meter hoch, aber in diesem Fall wurde er um ein Stückchen verlängert. Die Wohnfläche beträgt nun knapp 33 Quadratmeter. Es ist alles da, was man zum Leben braucht: Wohnzimmer, Küche mit Abluftanlage, WC und Dusche. Doch die größte Besonderheit ist die Außengestaltung. Das ist ein Gemälde eines gewissen Herrn Ungureanu. Es zeigt eine Szene im rumänischen Donaudelta. Ich finde die Bemalung wildromantisch. Das ist schönes, spannendes Spiel zwischen Realität und Illusion. Hier die echte Natur, und da deren künstliches Abbild. Außerdem: Wer kann schon von sich behaupten, in einem echten Kunstwerk zu leben?

Dass ich hier in der Abgeschiedenheit wohne, ist mir nur recht. Ich arbeite viel, und hier, fernab von Mensch und Lärm, kann ich so richtig zur Ruhe kommen. Es gibt keinerlei Infrastruktur. Es gibt keinen Strom, kein Wasser, keinen Gasanschluss und keine Kanalisation. Ich lebe hier völlig entkoppelt, ohne Anschluss an das System. Mein Wunsch ist es, hier ein Schaustück, ein Best-Practice-Beispiel für energieautarkes Wohnen zu errichten. Ich habe einen stromlosen Pelletsofen, und demnächst wird es eine Photovoltaik-Anlage mit Eisen-Nickel-Batterie, eine Komposttoilette, eine kleine pflanzliche Kläranlage und sogar einen Brunnen mit manuellem Schwengel geben. Ich warte gerade auf die Bewilligung.

Mit all diesen Mitteln will ich meinen ökologischen Fußabdruck auf ein Minimum reduzieren. Ich werde hier mehr oder weniger unabhängig leben. Fast schon wie ein Amish! So ein Amish hat Jesus-Christus im Herzen. Das habe ich auch. Hier, so scheint mir, kann ich Gott leichter begegnen als in meiner Sechser-WG in St. Pölten,

Ach ja, und übrigens habe ich hier ein riesengroßes Bad, eine Art Wellnesstempel im Zimmer Gottes. Neben dem Container fließt die Pielach vorbei, und die nutze ich zum Zähneputzen und Baden, auch wenn das Wasser sehr kalt ist. Gute Abhärtung! Manchmal schauen die Leute komisch herüber, wenn sie im Vorbeifahren einen eingeseiften Nackerten in der Pielach sehen, aber daran gewöhnt man sich. Ich bin hier einfach glücklich." (DER STANDARD, 12.4.2014)