Ski-Olympiasieger Patrick Ortlieb (FPÖ) war eine Art parlamentarischer Dinosaurier, ein letzter Überlebender der schweigenden Grüßauguste, die von den Parteien ihrer stimmenfängerischen Popularität wegen angeheuert wurden. Aber vielleicht erhoffte sich selbst die FP mehr Initiative und Ideen, Ortliebs Nachfolger Elmar Lichtenegger redet ja fleißig drein, wenn VP-Koalitionskollegen seiner Meinung nach Unsinn plaudern.
Diskurs
Kulturisierung der Körper
Die Politisierung der Sportler beginnt dort, wo sie immer beginnt, beim Kampf ums eigene Leiberl - von Johann Skocek
Stephanie Grafs Einstellung ist wohl der Sache angemessen, wenn auch in Österreich noch unüblich. "Sportler sollen wie andere auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen." Die 800-m-Vizeweltmeisterin engagierte sich im vergangenen Wahlkampf für die SPÖ und Alfred Gusenbauer und wurde wie so oft Zweite. Seit die erste schwarz-blaue Koalition Österreichs Regierung übernahm, erfolgt eine für breite Bevölkerungskreise erhoffte, zaghafte, aber stetige Politisierung der Sportler. Die politisch unmündigen Körper beginnen zu sprechen, Stellung zu nehmen, Ansichten zu äußern.
Der letzte Nachschub wird dieser Tage in Oberösterreich geliefert, wo ÖSV-Alpindirektor Hans Pum und die Ex-Mittelstrecklerin Theresia Kiesl die VP und speziell Landeshauptmann Josef Pühringer, die Schwimmerin Vera Lischka die SP verstärkt. Pum will wie ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel Lobbying für den Sport leisten. Die Politisierung der Sportler beginnt dort, wo sie immer beginnt, beim Kampf ums eigene Leiberl. Die schwarz-blaue Koalition behandelt Sport und Sportler schlecht, von der katastrophalen Schulpolitik Elisabeth Gehrers über die Erhöhung der Sicherheitskosten für (Sport-)Veranstaltungen bis zu den "Sport ist keine Kultur"-Ressentiments der Salzburger Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler (VP). Höchste Zeit, dass Sportler dieser Unkultur widersprechen. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.7.2003)