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Wien - 413.000 Zuschauer verbrachten den Dienstagabend vor dem Fernsehgerät, um das erste ORF-"Sommergespräch" mit Grünen-Chef Alexander Van der Bellen zu verfolgen. Er stellte sich als Erster der vier Parteichefs der Livebefragung durch ORF-Chefredakteur Werner Mück in Salzburg. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Zuschauerinteresse zurückgegangen, der nationale Marktanteil sank um sechs Prozent auf 20 Prozent.

Von politischer Seite reagierte kaum jemand: SP-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures kommentierte Van der Bellens Auftritt wenig schmeichelhaft. Sie vermutete hinter der "mehr als unaufgeregten Performance" die Fortsetzung der grünen "Schlafwagen-Politik" samt besonderer Schonung der VP und des Kanzlers.

Wobei Van der Bellen etwaigen Hoffnungen der ÖVP auf einen fliegenden Wechsel ohne Neuwahlen zu den Grünen im Falle des Platzens der Koalition eine klare Absage erteilt hatte. Zur FPÖ hält der Grünen-Chef vor allem wegen Jörg Haider weiter Distanz.

Viel Raum wurde im Gespräch auch der persönlichen Zukunft Van der Bellens gewidmet: Er wolle weiter Bundessprecher bleiben und die Partei am liebsten in eine Regierung führen, stellte der Grünen-Chef klar. Damit sei eine Kandidatur für das Bundespräsidentenamt ausgeschlossen. Das reize ihn nicht.

Sachpolitisch plädierte Van der Bellen für eine schnelle Harmonisierung der Pensionssysteme per Stichtagsregelung, Diesel solle aus umweltpolitischen Gründen gleich teuer werden wie Benzin. Das EU-weite Transitproblem sähe er am liebsten in die Verantwortung der Nationalstaaten verlagert, die dann Durchfahrten auf einer "Transitbörse" handeln sollten. Kritik übte er an der Asylpolitik der Regierung, aber auch am Vatikan-Dokument zur Homo-Ehe. Und gentechnisch manipulierte Produkte müssten unbedingt gekennzeichnet werden. (nim, pm/DER STANDARD, Printausgabe, 21.8.2003)