London/Wien - Vermutet wird es schon seit etlichen Jahren, nun aber wurden erstmals konkrete Hinweise gefunden: Brustkrebs könnte auch durch ein Virus ausgelöst werden. Darauf deuten jüngste Studien australischer Forscher hin, die im britischen Wissenschaftsmagazin New Scientist veröffentlicht wurden.

Vor einiger Zeit wurde bereits der Nachweis erbracht, dass Gebärmutterhalskrebs durch jene Viren ausgelöst werden kann, die auch Warzen verursacht. Nun fanden Forscher einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Anwesenheit eines auf den sperrigen Namen "HHMMTV" getauften Virus und dem Auftreten von Brustkrebs.

Bereits 1950 wurde ein Virus entdeckt, das in Mäusen Brustkrebs auslösen kann. Die Viren fügen dabei einen Teil ihres Erbguts in einen DNA-Abschnitt der Mäuse ein, der mit der Krebsentstehung in Verbindung gebracht wird.

Wissenschafter um William Rawlinson vom Prince-of-Wales-Krankenhaus in Sydney hatte im März auch beim Menschen solche DNA-Einschübe identifiziert, deren Sequenz große Ähnlichkeiten mit den Maus-Viren zeigte: Die Mediziner konnten bei 19 von 45 untersuchten Brustkrebspatientinnen das Virus nachweisen, während weniger als zwei Prozent der gesunden Bevölkerung Virusträger sind.

In einer Reihe weiterer Studien des Teams hat sich nun der Verdacht erhärtet, dass das Virus tatsächlich für die Entstehung von Brustkrebs verantwortlich ist: So fanden die Forscher das Virus auch in sechs von neun männlichen Brustkrebspatienten ausschließlich im Tumorgewebe und nicht in anderen Bereichen der Brust. Auch konnten umso mehr Viren nachgewiesen werden, je bösartiger und aggressiver der Tumor war.

Die Australier sind überzeugt, dass ein direkter Zusammenhang zwischen den Viren und Brustkrebs besteht. "Wenn der Krebs da war, war auch das Virus da. Wenn der Krebs ging, ging auch das Virus", resümierte Rawlinson.

Brustkrebs ist in industrialisierten Ländern die häufigste Krebserkrankung bei Frauen - allein in Österreich erkranken jährlich bis zu 5000 daran. Der Nachweis eines viralen Auslösers würde die Entwicklung einer Impfung gegen die Tumoren ermöglichen.

Auch bei anderen Krebsarten werden Viren als auslösende Faktoren diskutiert. Bei Gebärmutterhalskrebs - weltweit die häufigste gynäkologische Krebsart, rund 500 jährliche Neuerkrankungen in Österreich - konnte dies inzwischen eindeutig nachgewiesen werden: Hinter dem Zervix-Karzinom stecken bis zu 90 Prozent chronische Infektionen mit "Papillomaviren".

Diese durch Sexualkontakte übertragenen Warzenviren sind weltweit extrem stark verbreitet. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Frauen irgendwann in ihrem Leben damit infizieren, liegt bei rund 90 Prozent. Im Alter von 20 Jahren sind laut Hochrechnungen bereits rund 25 Prozent der Frauen mit dem Virus in Kontakt gekommen. Bei den meisten Frauen überwindet jedoch das Immunystem die Infektion, bei manchen wird daraus allerdings eine chronische Infektion - aus den vom Virus geschädigten Zervixzellen kann Krebs entstehen.

Erste Forschungen nach einem Impfstoff gegen die Papillomaviren und damit gegen die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs verliefen vielversprechend. Derzeit läuft, auch am Wiener AKH als einem der wichtigsten diesbezüglichen internationalen Zentren, eine große klinische Studie mit einem experimentellen Vakzin. Ergebnisse werden in gut drei Jahren erwartet. (fei/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. 8. 2003)