Wien - Das Ende für den Logistikkonzern ÖBB, den der frühere ÖBB-Vorstand unter Helmut Draxler aufgebaut hat, befürchtet Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl durch die ÖBB-Reform. Im Entwurf zum Bundesbahnstrukturgesetz 2003 seien Übergangsbestimmungen enthalten, dass sich die ÖBB im Personen- wie auch im Güterverkehr nur auf Schienentransporte konzentrieren dürfen. Das bedeute, dass der Stückgutverkehr (Haus-Haus), der bei den ÖBB eine starke Rolle spielt, künftig nur mehr mit (privaten) Partnern durchgeführt werden dürfe.

Eine Konsequenz wäre, dass die in der Speditionsholding um die vor einigen Jahren zugekauften Speditionen Express und Interfracht zusammengefassten in- und ausländischen Beteiligungen abgespalten und privatisiert werden könnten. Im Personenverkehr müssten auch der Bahnbus (der den Postbus übernimmt) und die ÖBB-Schifffahrt "abgesprengt" werden. "Der Eigentümervertreter geht auf das eigene Unternehmen los", sagte Haberzettl.

"Loch auf-Loch zu"-Politik

Die Suche nach der Maastricht-Konformität der alten Infrastrukturschulden gehe zu Lasten der Investitionen in den Absatzbereich, also den Personen- und Güterverkehr, befürchtet Haberzettl. Er spricht von einer "Loch auf-Loch zu"-Politik, die gegenwärtig stattfinde. Die ÖBB würden den letzten Verhandlungen von Finanzminister Karl-Heinz Grasser mit Verkehrsminister Hubert Gorbach und Staatssekretär Helmut Kukacka zufolge von langfristigen Verbindlichkeiten in Höhe von 6 bis 6,2 Mrd. Euro entschuldet, wie zuletzt verlautet. Gleichzeitig werde der ÖBB-Vorstand ermächtigt, in den nächsten fünf Jahren 1,2 Mrd. Euro an neuen Krediten aufzunehmen, mit Zweckwidmung für die künftige ÖBB Infrastruktur AG. Um die Maastricht-Regeln nicht zu verletzen, sei gedacht, nicht benötigte Immobilien und die ÖBB-Kraftwerke an die Infrastruktur AG zu übertragen. Im Nahverkehr werde diese Reformpolitik zu deutlichen Preiserhöhungen oder Fahrplanausdünnungen führen, womit sich "der Staatssekretär abfindet", kritisiert Haberzettl.

Kein Verständnis hat Haberzettl auch mit Gehaltsvergleichen der Eisenbahner mit Beschäftigten in der Privatwirtschaft, wie sie von ÖBB-Generaldirektor Rüdiger vorm Walde aufgestellt worden seien. "Es ist noch nie gelungen, in der Diskussion die behauptete Differenz von 500 Mio. Euro zu beweisen", so Haberzettl. Vorm Walde vergleiche immer nur die Istgehälter der Eisenbahner mit den (im Allgemeinen niedrigeren) Kollektivvertragsgehältern der Privatwirtschaft. Im übrigen sei das Desinteresse der ÖBB-Führung "an diesen Vorgängen" (um die ÖBB-Reform) bemerkenswert. "Der ÖBB-Vorstand schweigt seinem Ende entgegen", so Haberzettl.

Eine Gesprächsbereitschaft von Kukacka könne er, Haberzettl, nicht erkennen. Er habe beim Staatssekretär bisher drei Termine gehabt, dieser habe aber zu seinen Reformplänen immer erklärt "da gibt es nicht viel zu verändern". Das sei "eindeutig Drüberfahren", sagt Kukacka. Kukackas Reformpläne würden ausschließlich auf Kosten des Personals der ÖBB erstellt. (APA)