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2010 besuchte Wladimir Putin das Juri-Gagarin-Kosmonautentrainingszentrum nahe Moskau. Russland hat große Pläne für das Weltall.

Foto: REUTERS/Ria Novosti/Pool/Alexei Nikolsky

Auf zum Mars! Russland muss sein Glück im Himmel suchen, wenn es auf der Erde schon so wenig Glück mit seinen Nachbarn hat, meint Vizepremier Dmitri Rogosin. Die Eroberung des Kosmos wird zum nationalen Projekt.

Das russische Raumfahrtprogramm müsse drei Hauptaufgaben lösen, forderte Rogosin in einem programmatischen Artikel der regierungsnahen "Rossiskaja Gaseta": Sie müsse ihre Präsenz im erdnahen Bereich erweitern und darauf aufbauend die Erschließung und Besiedlung des Mondes vorantreiben. Dieser wiederum soll als Sprungbrett für die Expansion Richtung Mars und andere kosmische Projekte dienen.

Erfahrung im All

Russland ist eine Raumfahrtnation mit Tradition. Vor ziemlich genau 53 Jahren, am 12. April 1961 flog Juri Gagarin als erster Mensch ins All. Selbst in den wirtschaftlich turbulenten 1990er Jahren hielt die Station Mir 390 Kilometer über der Erde die Fahne der russischen Raumfahrt hoch. Das Prestigeprojekt wurde erst im Jahr 2000 zugunsten der Internationalen Raumstation ISS aufgegeben.

Doch die internationale Kooperation ist laut Rogosin in Gefahr – die NASA hat die Zusammenarbeit mit Roskosmos eingestellt, auch wenn sie dabei zugleich explizit Sanktionen gegen das ISS-Projekt ausgeschlossen hat. Dafür ist Rogosin als Vizepremier für den Rüstungssektor wegen seiner Rolle in der Krimkrise auf der schwarzen Liste des State-Departments gelandet, woraufhin er sich sarkastisch beim "Genossen Obama" und dem "Washingtoner Gebietskomitee" für die "weltweite Anerkennung", die er nun erfahre, bedankte.

Russlands Achillesferse

Das russische Raumfahrtprogramm empfindlicher treffen könnten westliche Sanktionen im Bereich Hochtechnologien. Gerade bei der Elektronik ist Moskau stark von Importen abhängig. Dies sei die "Achillesferse" Russlands, räumte auch Rogosin ein.

Damit das nicht so bleibt, soll die Eroberung des fernen Weltraums zum "nationalen Projekt" ausgerufen werden. Dieser Status soll milliardenschwere staatliche Investitionen und die Bündelung ganzer Technologiezweige, Industrien und Wissenschaftszentren ermöglichen. Die Entwicklung von Atomantrieben und Plasmatechnologien, Solarenergie, Robotik und neuer Materialien gelten als Schlüssel.

Angesichts der Sanktionen sei es nötig, "eine von unzuverlässigen internationalen Partnern unabhängige Strategie der Weiterentwicklung unserer bemannten Raumfahrt" auszuarbeiten, forderte Rogosin. Anstrengungen in die Richtung unternimmt Russland seit Jahren. So wird bereits eifrig am Weltraumbahnhof Wostotschny im fernöstlichen Amurgebiet gebaut, der das in Kasachstan liegende Sternenstädtchen Baikonur ersetzen soll. Bereits 2015 sind die ersten Abschüsse von Wostotschny geplant.

Bislang ist das Kosmosprogramm kaum mehr als ein teures Spielzeug für den Kreml. Der Weltraumtourismus, seit Denis Tito ein finanzieller Stützpfeiler, wurde 2010 wegen Platzmangels auf der ISS eingestampft. Der Abschuss von Kommunikationssatelliten kann ein lukratives Geschäft sein, nur leider gingen in den vergangenen vier Jahren mit erschreckender Regelmäßigkeit Sputniks verloren. Der Schaden aus der Pannenserie geht inzwischen wohl über die Milliardengrenze hinaus, unter anderem verzögerte sich dadurch die vom Kreml initiierte Einführung des eigenen Navigationssystems Glonass um Jahre.

Dauerhafte Mondbesiedlung geplant

Und dennoch herrscht in Moskau Optimismus: 40 Milliarden Euro sind in den nächsten Jahren für das Kosmosprogramm reserviert. Bis 2030 sollen die ersten Flüge zum Mond gestartet werden. Im Gegensatz zu den Amerikanern, die 1969 als erste auf dem Erdtrabanten landeten, das Mondprogramm später aber einstellten, will Russland den Mond dauerhaft besiedeln. Dort soll eine Station entstehen, die zunächst der Erforschung, später aber auch der Ausbeutung des Mondes dient, wo wertvolle Mineralien, aber auch Gas- und Wasservorkommen vermutet werden. Auf diese Weise soll sich die Eroberung des Kosmos auch wirtschaftlich rentieren.

Der Mond ist dann auch Ausgangspunkt für weitere hochfliegende Pläne. Von dort aus soll es nämlich zum Mars gehen. Dieser und einige Asteroiden seien realistisches Ziel für die bemannte Raumfahrt innerhalb der nächsten 50 Jahre, ist Rogosin überzeugt. Russland soll dabei der Bahnbrecher sein. (André Ballin, derStandard.at, 13.4.2014)