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"Geheimdienstchef der vier Tage": Deljan Peewski.

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Sofia/Istanbul - Der wohl umstrittenste Mann Bulgariens scheint auf dem Rückzug. Darauf lassen Entscheidungen im informellen Machtbereich des Landes schließen, wo rivalisierende Unternehmer Einfluss auf Parlament, Regierung und Präsident nehmen. Der Parlamentsabgeordnete Deljan Peewski, der vielen Bulgaren als Inbegriff dieser Parallelwelt gilt, bereitet offenbar seinen Absprung nach Straßburg vor.

Peewskis Mutter Irena Krastewa gab zudem am vergangenen Freitag den Verkauf eines Großteils ihrer Zeitungen bekannt; Peewski wird als inoffizieller Chef der wichtigsten Mediengruppe Bulgariens angesehen.

Unklar ist, ob der 33-Jährige freiwillig seinen Platz auf der nationalen Bühne räumt. Kenner der Grauzone im Balkanland, das seit 2007 EU-Mitglied ist, sehen die Hand von Ahmet Dogan, dem Gründer und Ehrenvorsitzenden der Partei Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS); die DPS ist seit bald einem Jahr wieder gemeinsam mit den Sozialisten an der Regierung. Dogan soll weitverzweigte unternehmerische Interessen haben und gilt als eigentlicher Fädenzieher in Bulgariens Politik und Wirtschaft.

Auch Peewskis Wahl zum Geheimdienstchef im Sommer vergangenen Jahres, von Sozialistenchef Sergej Stanischew und Premier Plamen Orescharski gutgeheißen, dürfte Dogans Einfall gewesen sein, so wird in Sofia spekuliert; Dogan versuchte, seinen Zögling auf einer Machtposition zu platzieren, löste damit aber Straßenproteste in Sofia gegen die Regierung aus, die sechs Monate ohne Unterbrechung andauerten.

Unliebsam geworden

Peewski trat damals im Juni 2013 nach vier Tagen zurück. Mittlerweile könnte er Dogan, aber auch anderen Akteuren unliebsam geworden sein. Berichtet wird über eine Distanzierung des einflussreichen Bankers Tswetan Wassilew von Peewski. Der Chef der Corporate Commercial Bank in Sofia wolle nicht länger mit Peewskis Geschäften und dessen Medien in Verbindung gebracht werden, heißt es. Peewski, der unter anderem in der Bauindustrie aktiv ist, dürfte jedoch einige Verbindlichkeiten bei der Bank haben.

Politisch hätte Peewskis Rückzug Folgen: Die Blätter der Neuen Bulgarischen Mediengruppe und ihr Sender TV 7 führen seit längerem eine Kampagne gegen Expremier Boiko Borissow und Staatschef Rossen Plewneliew, der sich auf die Seite der Regierungsproteste gestellt hatte. Die Übernahme der wichtigsten Zeitungen der Mediengruppe durch Media Maker, ein irisches Unternehmen, dürfte diesen Konfrontationskurs, wenn nicht gleich beenden, dann zumindest abmildern.

Peewskis Kandidatur für das Europaparlament hat bereits die Unterstützung mehrerer Parteigliederungen der DPS. Die Kandidatenliste der Partei ist noch nicht veröffentlicht worden. Peewski könnte den zweiten oder dritten Platz auf der Liste erhalten; ein Sitz für ihn wäre dann relativ sicher: Die DPS hat eine sehr solide Wählerschaft. (Markus Bernath, DER STANDARD, 14.4.2014)