Wer falsch antwortet, wird in der britischen Gameshow "Ejector Seat" ins dampfige Aus manövriert. Die Fernsehbranche hofft auf richtige Antworten in Zeiten der Konvergenz.

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Die Zeiten, in denen Besucher der Mip an ihren Trolleys zu erkennen waren, in denen sie steinschwere Prospekte und Programmkataloge packten, sind vorbei. Hundertschaften von USB-Sticks passen in jede Handtasche. Die bei Screenings vorgestellte Programmware wird mit Tablet und Smartphone abfotografiert. Vieles wird leichter im Zeitalter der Digitalisierung.

Komplexe Zukunft

Schwierig bleiben Geschäftsmodelle. Experten sagen dem traditionellen Fernsehen eine komplexe Zukunft voraus: "Sender werden in Zukunft eine von vielen Plattformen sein", sagt Eli Uzan von Screenz, Erfinder und Produzent von" Rising Star", der immer noch heiß beworbenen Showinnovation bei Europas größter Händlermesse. Dem ORF ist sie zu teuer, RTL startet demnächst. Zuseher der Castingshow greifen dabei direkt ins Geschehen ein. Jungtalente singen ihr Ständchen vor einer riesigen Videowand mit unzählbaren Augenpaaren auf sich gerichtet. Fünf Millionen luden die App vom israelischen Sender Keshet herunter.

Gab es in Zeiten der Krise noch Befürchtungen, die Frühjahrsmesse könne sich mangels Besucher von selbst erledigen, ist in Zeiten der Konvergenz keine Rede mehr davon: Die Branche ist im Aufbruch. "Die Stimmung ist optimistisch", sagt ein Produzent. Wohin es gehen soll, ist nicht ganz klar. Hauptsache man ist schneller dort.

Bieterrennen

In der Zusammenführung von TV und Web erhofft sich die TV-Industrie das Gelobte Land. Bieterrennen, wie sie derzeit um Maker Studios stattfinden, machen zuversichtlich: Disney und Relativity Media bieten 360 Millionen Euro für den Webproduzenten. Knapp 470 Millionen will Disney in Webvideos investieren.

Online-Plattformen und originale Webserien sind "en vogue". Bezeichnend freilich, dass ausgerechnet die begehrten Produzenten der Bewegtbilder keine Stände im Grand Palais gebucht haben.

"Alle wollen uns kaufen"

Aber sie kommen gern als Keynote-Speaker. Manager von Youtube, Amazon, Vice und Maker Studios werden nicht müde, ihren neuen "Way of Storytelling" anzupreisen. "Youtube sieht sich definitiv als Ergänzung", sagt Youtube-Boss Alex Carloss. "Alle wollen uns kaufen", klagt "Vice"-Chef Shane Smith: "Aber wir bleiben unabhängig." Dass Anteile vom mächtigen Medienmogul Rupert Murdoch am Nachrichtenportal diese Unabhängigkeit garantieren würden, folgt dabei einer eigenen Logik.

Sprengkraft

Das "alte" Fernsehen entwickelt entsprechende Sprengkraft. Auffallend viele Gameshows sind im Umlauf, besonders beliebt mit körperintensivem Einsatz: Schleudersitz bei falschen Antworten (Ejector Seat, Großbritannien), Singen unter der Eisdusche (The Shower, Spanien), Drängeln und Stoßen beim Wettlauf (Run&Buzz, Frankreich). Scheinbar nützliche Kulturtechniken in Zeiten wie diesen. (Doris Priesching aus Cannes, DER STANDARD, 15.4.2014)