Salzburg – Das Verfahren um den Brand im Stollen der Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn steht vermutlich vor einer dramatischen Wende: In einem Brief an Richter Manfred Seiss bezeichnen die vier Sachverständigen "zahlreiche Feststellungen" des wichtigsten Gutachtens als "in letzter Konsequenz nicht nachvollziehbar". Die vom damaligen Gutachter Anton Muhr gemachten Brandexperimente hätten sich "bedauerlicherweise als nicht reproduzierbar herausgestellt".

In dem brisanten Schreiben halten Udo Geishofer, Karl Maurer, Helmut Prader und Georg Wagner fest, dass sie bereits 2001 "weitere Untersuchungen" gefordert hätten. Warum diese nicht angestellt wurden, wird die Staatsanwaltschaft zu beantworten haben. Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat stützt ihre Anklage gegen die 16 Beschuldigten wesentlich auf das angezweifelte Gutachten.

Originalmaterial verschwunden

Die Gutachter beklagen überdies, dass im Verfahren um die größte Brandkatastrophe der Zweiten Republik "Unklarheiten über den Verbleib fotografisch dokumentierter Teile des Unglückszuges" bestehen und diese "physisch nicht mehr auffindbar" seien. "Die Beschaffung von Originalmaterialien habe sich als "äußerst problematisch" erwiesen.

Die Gutachter betonen, dass ihre Untersuchungen "neue Erkenntnisse und Fakten ergeben haben, welche in dieser Form bislang nicht als mögliche Unglücksursache in Erwägung gezogen wurden". Damit kündigt sich das Aus für die These an, nach welcher ein defekter Heizlüfter im November 2000 zur Katastrophe geführt haben soll.

Die Experten brauchen Zeit. Statt wie geplant am 5. September soll die Expertise nun erst am 14. Oktober vorgelegt werden. Ein Urteil ist kaum vor März 2004 zu erwarten, rechnen Anwälte. Der Prozess um den Tod von 155 Menschen begann im Juni 2002. (Thomas Neuhold/DER STANDARD, Printausgabe, 23.6.2003)