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Ukrainische Soldaten in Kramatorsk.

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Panzerkolonne mit russischer Flage in der Umgebung von Kramatorsk.

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Ukrainische Soldaten und prorussische Separatisten treffen in der Nähe von Kramatorsk aufeinander.

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Grafik: Standard

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Prorussische Separatisten posieren vor Barrikaden in Kramatorsk im Osten der Ukraine.

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NATO-Chef Rasmussen verkündet eine verstärkte Präsenz in den NATO-Mitgliedsländern im Osten.

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Kiew/Moskau -  Unter den prorussischen Aktivisten, die am Mittwoch sechs ukrainische Panzer vor der östlichen Stadt Slawjansk in ihre Gewalt gebracht haben, sind nach Angaben eines Anführers der Gruppe rund 150 Überläufer der ukrainischen Streitkräfte.

Er selbst sei "ein Mitglied der Selbstverteidigungskräfte der Krim", sagte der etwa 50-jährige Mann, der sich am Mittwoch vor Journalisten als "Balu" ausgab. "Wir sind etwa zehn. Die anderen sind etwa 150 ukrainische Soldaten, die sich uns angeschlossen haben."

Kontrolle übernommen

"Wir haben die Kontrolle über die Panzer übernommen, mit denen die Rebellion in Slawjansk zerschlagen werden sollte", sagte der Mann weiter.

Nach Darstellung des ukrainischen Verteidigungsministeriums wurden die Panzer hingegen von "einer russischen Gruppe terroristischer Saboteure" gekapert. Die Panzer stammen aus einer Militärkolonne, die Kiew in die 140.000-Einwohner-Stadt schicken wollte. Die Kolonne war jedoch am Dienstag in Kramatorsk etwa 20 Kilometer vor Slawjansk von "Anwohnern" gestoppt worden, wie das Verteidigungsministerium am Mittwoch weiter erklärte.

"Balu" bestritt die Angaben aus Kiew, dass in der Region um Slawjansk Spezialeinheiten der russischen Streitkräfte agierten. "Wir bleiben mit den Panzern hier, bis die Bevölkerung in einem Referendum über ihre Zukunft entscheiden kann", rief er vor einer kleinen Gruppe Anwohnern aus Slawjansk, die ihm applaudierte.

Soldaten machen Waffen unbrauchbar

Angesichts des massiven prorussischen Widerstandes hat eine ukrainische Militärkolonne im Osten des Landes die Waffen gestreckt. Die Soldaten begannen in der Stadt Kramatorsk damit, vor einem uniformierten Mann ohne Abzeichen ihre Waffen unbrauchbar zu machen, wie Reporter berichteten. Im Gegenzug erhielten sie von den Milizionären die Zusicherung, in ihren gepanzerten Fahrzeugen den Rückweg antreten zu können.

NATO verstärkt Präsenz im Osten

Die NATO verstärkt angesichts der Ukraine-Krise ihre militärische Präsenz in den östlichen Staaten des Bündnisses. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte am Mittwoch in Brüssel, es würden mehr Flugzeuge und Schiffe eingesetzt und auch Soldaten geschickt. Die baltischen NATO-Staaten Litauen, Lettland und Estland - einstige Sowjetrepubliken - sowie Polen und Rumänien hatten zuvor um eine sichtbarere Militärpräsenz gebeten.

Deutschland schickt Eurofighter

Deutschland wird sich zunächst mit einem Schiff und sechs Kampffliegern an der Verstärkung der NATO-Präsenz in den östlichen Bündnisstaaten beteiligen. Das bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Mittwoch in Berlin. Der Tender "Elbe" mit rund 45 Soldaten Besatzung soll von Ende Mai bis Anfang August ein Minenräum-Manöver in der Ostsee leiten. Bis zu sechs Kampfflieger vom Typ "Eurofighter" sollen sich ab September für vier Monate an der Luftraumüberwachung über dem Baltikum beteiligen.

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk hat Russland beschuldigt, den "Terrorismus in die Ukraine zu exportieren". Die russische Führung benutze verdeckt operierende Truppen, um bewaffnete Separatisten zu organisieren, die die ukrainischen Soldaten angriffen und Verwaltungsgebäude besetzten, sagte Jazenjuk am Mittwoch. 

Füle: "Schwerste Krise seit Zweitem Weltkrieg"

Auch EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle griff zu drastischen Worten und bezeichnete die "russische Propaganda" in der Entwicklung um die Ukraine als "gefährlicher als zu Zeiten des Kalten Krieges". Nach der Debatte im Europaparlament in Straßburg zur Lage in der Ukraine und den Drohungen Moskaus sagte Füle, es handle sich um die "schwerwiegendste Krise in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs".

Russland erwägt unterdessen eine Klage gegen die USA wegen der Sanktionen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise. Es sei darüber gesprochen worden, bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein Verfahren gegen die USA einzuleiten, zitierten Nachrichtenagenturen den russischen Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew.

Aktivisten nehmen Geiseln in Ostukraine

In der ostukrainischen Region Lugansk wurden zwei ukrainische Soldaten von prorussischen Aktivisten als "Geiseln" genommen. Ein Offizier und ein Soldat seien am Dienstag von "Extremisten" gefangen genommen und an einen unbekannten Ort gebracht worden, erklärte das ukrainische Verteidigungsministerium.

In Kramatorsk gab es am Mittwoch zunächst keine Anzeichen von Gefechten. Dort fuhren sieben Panzer mit der ukrainischen Flagge durch die Straßen - offenbar um zu demonstrieren, dass die ukrainische Führung die Kontrolle über die Stadt zurückgewonnen hat. Rund 30 Bewohner der russisch geprägten Stadt stellten sich den gepanzerten Fahrzeugen kurz in den Weg. Soldaten stiegen aus und drängten die Menschen weg. Ein Schuss wurde in die Luft abgefeuert, bevor der Konvoi weiterfuhr.

Bewaffnete Separatisten sollen unterdessen das Rathaus von Donezk in der Ostukraine übernommen haben, teilte eine Vertreterin der dortigen Behörden mit. Demnach drangen mindestens 20 prorussische Aktivisten in das Gebäude ein. Die Rathausmitarbeiter würden nicht behindert. Die Aktivisten forderten die Abhaltung eines Referendums über die Föderalisierung der Ukraine, so die Sprecherin. 

Putin: Ukraine an Rand des Bürgerkriegs

Russland hatte zuvor noch vor einer gefährlichen Zuspitzung der Krise gewarnt. Die Offensive gegen die prorussischen Separatisten habe das Land an den Rand eines Bürgerkrieges gebracht, sagte Präsident Wladimir Putin nach Angaben der russischen Regierung am Dienstagabend in einem Telefonat mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Auch in einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon kritisierte Putin den zuvor gestarteten Einsatz ukrainischer Truppen. Russland warnte vor einem Scheitern der für Donnerstag geplanten Krisengespräche in Genf.

Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow hatte den Beginn des "Anti-Terror-Einsatzes" am Dienstag im ukrainischen Parlament verkündet. Russland hatte vor einem solchen Schritt gewarnt. Die USA verteidigten das Vorgehen der Regierung. In mehreren Orten der Ostukraine halten Moskau-treue Separatisten seit Tagen Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern einen föderalen Staat mit weitgehenden Autonomierechten.

Gespräche über diplomatische Lösung

Aus dem deutschen Bundespresseamt hieß es zu dem Gespräch zwischen Putin und Merkel, die Situation in der Ukraine sei ausführlich erörtert worden. Bei aller unterschiedlichen Bewertung der Ereignisse sei die Vorbereitung des Treffens in Genf im Mittelpunkt gestanden. Dort wollen die Außenminister Russlands, der USA und der Ukraine zusammen mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton über eine diplomatische Lösung der Krise beraten. Die USA rechnen jedoch Regierungskreisen zufolge nicht mit einem Durchbruch in dem Konflikt.

USA bereiten neue Sanktionen vor

Angesichts der Eskalation im Ukraine-Konflikt steuern die USA auf eine Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Russland zu. "Wir bereiten aktiv neue Sanktionen vor", sagte der Sprecher von Präsident Barack Obama, Jay Carney, am Mittwoch. Die USA haben Russland mehrfach beschuldigt, in der Ukraine Unruhen zu befeuern. Die "New York Times" berichtete, die US-Regierung prüfe unter anderem, einen engen Putin-Vertrauten auf die Sanktionsliste zu setzen. Es handle sich um Igor Setschin, Chef der staatlichen Ölgesellschaft Rosneft. (APA, 16.4.2014)